Projektfahrt Januar 2017

Windenergie für Tula/ Äthiopien 21.1. – 29.1.2017

Mitreisende (v. l. n. re.):

  • Jochen Hahn, Pfarrer aus Rüsseina
  • Helfried Vater, Elektromeister aus Choren
  • Jürgen Mummert, Medientechniker aus Dresden

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Inhalt

  1. Projektvorlauf 2016
  2. Blitzschlag in Tula
  3. Kurztrip nach Äthiopien zur Schadensanalyse Oktober 2016
  4. Planänderung für die Aktion 2017
  5. Realisierung des Projektes
    1. Vorbemerkungen
    2. Zustand in Tula
    3. Ein neues Solarhaus
    4. Enttäuschte Erwartungen und viel Verständnis
    5. Tula hat wieder Strom
  6. Neue Kontakte zur Kirche Mekane Yesus
  7. Geschenke für Kinder
  8. Kleiner Abstecher: Food Security Project im Lemo-Distrikt
  9. Projektkosten, Perspektive

1. Projektvorlauf 2016

vgl. Projektbericht 2016

Im Januar/Februar 2016 konnte das Dorf-Netz in eine weitere Dorfeinheit hinein erweitert werden. So waren bei unserer Abreise Anfang Februar 2016 ca. 85 Wohnhütten, zwei Kirchen, Dorfverwaltung und Schule angeschlossen. Die Energiebilanz (Erzeugung-Verbrauch) war damit an die Grenze gekommen (vgl. Messergebnisse und Berechnungen im Bericht 2016). Zudem tat sich ein unerledigtes Problem auf: Ein etwa 500 m entfernter Ortsteil war bisher nicht angeschlossen. Dies wurde nun zum ursprünglichen Ziel für 2017 erklärt incl. Erweiterung der Solareinheit.

2. Blitzschlag in Tula

Im Sommer 2016 erreichte uns die Nachricht, dass ein Blitz in die Anlage geschlagen ist und der Wechselrichter keinen Strom mehr liefert. Die Nachrichten waren widersprüchlich und erlaubten keine konkrete Schadensbeschreibung.

3. Kurztrip nach Äthiopien zur Schadensanalyse Oktober 2016

Um den Schaden in Tula konkret abschätzen und ggf. reparieren zu können, reisten im Oktober 2016 Christian Preuß, Rüsseina und Jochen Hahn, Rüsseina nach Äthiopien. Auf Grund eskalierender politischer Spannungen war es nicht möglich, aus Addis Abeba herauszukommen. Die Fahrt musste daher ergebnislos abgebrochen werden.

4. Planänderungen für die Aktion 2017

In der Mitgliederversammlung unseres Vereines im Herbst 2016 wurde auf Grund des unklaren Schadensbildes beschlossen, im Januar 2017 auf eine großangelegte Ausbauaktion zu verzichten. Stattdessen sollte eine kleine Gruppe den Schaden systematisch analysieren und möglichst reparieren. Zusätzlich könnte bereits unter unserer Kontrolle eine neue Hütte errichtet werden, auf dessen Wellblechdach später die neue Solareinheit montiert werden kann.

5. Realisierung des Projektes

5. 1. Vorbemerkungen

Da wir wussten, dass der Hauptwechselrichter (24 VDC auf 230 VAC) eine Störung meldete und zu vermuten war, dass auch die elektronischen Abwärtswandler (Drehstrom Wind auf 24 VDC Batterieladung) in Mitleidenschaft gezogen sein würden, nahmen wir diese sowie einen kostengünstigen Übergangs-Wechselrichter im Gepäck mit. Diese Wahl war gut getroffen. Genau diese Komponenten haben wir dann auch benötigt. Nach einer problemlosen Einreise konnten wir uns unverzüglich ans Werk machen.
Die Fahrt mit dem gebuchten Jeep in die Bezirksstadt Hossaena gestaltete sich schwieriger, als gedacht. Die durch chinesische Firmen vor ca. 5 Jahren neu asphaltierte Straße befindet sich z. T. bereits wieder in Auflösung. Eine Asphaltdecke von max. 3 cm Stärke kann nicht lange halten. So erweisen sich kurzfristige Einsparungen als teure Variante. 5 Stunden Fahrzeit für 230 km ist eine Stunde länger als noch vor einem Jahr.
In Hossaena konnten wir abends unseren Übersetzer Liranso Salomon begrüßen, der durch seine Kenntnis der Regionalsprache Hadyja die Kommunikation im Dorf überhaupt erst möglich macht.

Auf Grund der kleinen Gruppe und der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit haben wir in Tula keine Zelte aufgeschlagen, sondern haben im Lemma-Hotel in Hossaena übernachtet.

5. 2. Zustand in Tula

Am Montag, den 23. 1. trafen wir in Tula ein. Die drei jungen Techniker waren zur Stelle. Sie erklärten uns, dass sie bis Sommer noch weitere ca. 30 Wohnhütten angeschlossen hätten und der Bestand angeschlossener Häuser nun bei 112 liegt, Kirchen, Dorfverwaltung und Schule nicht inbegriffen. Dies bedeutet faktisch eine immense Überforderung der derzeitig ausgelegten Anlage. Vermutlich hat die Dorfbevölkerung die Techniker „sehr stark ermutigt“, das Netz entgegen unserer Anweisung weiter auszubauen.

Erfreulich war gleich zu Beginn, dass sich die Solaranlage samt Laderegler als intakt erwies und somit auch täglich die Akkus aufgeladen wurden. Das war unsere Sorge gewesen, dass die Akkus bei niedrigem Ladezustand ein halbes Jahr stehen und damit sehr leiden würden.

 

Was die Windkraftanlage betrifft, so war sie komplett in Ordnung. Der Blitz war ganz offensichtlich nicht in das Windrad geschlagen, sondern irgendwo im Dorf niedergegangen. Da es in der Leitung kein Schadensbild gibt, ist zu vermuten, dass der Überspannungsstoß durch einen indirekten Blitzeinschlag entstanden ist. Leider hatten wir 2015 einen Blitzschutz nur windradseitig installiert. Bei der nächsten Aktion 2018 wird dann auch dorfseitig ein Blitzschutzventil installiert werden müssen.

Der Hauptwechselrichter (24 VDC auf 230 VAC; 5 KW) zeigte Störung an und konnte – trotz einer getauschten Innenkomponente - nicht repariert werden. So wurde übergangsweise der mitgebrachte Hilfswechselrichter (3 KW) installiert, der dem Dorf wieder Strom gibt. Da so ein Wechselrichter aus einzelnen Modulen besteht, wird es sehr wahrscheinlich, die betreffende Komponente 2018 zu tauschen und den originalen Wechselrichter wieder in Betrieb zu nehmen.

Im Schaltschrank war durch einen Spannungs-Überschlag der Windregler sowie der Dorfausgangszähler defekt, die aber die Techniker (mit Hilfe?) bereits durch vorhandene Ersatzgeräte fachgerecht getauscht hatten.
Die elektronischen Windtrafos (zwei elektronische Schweißinverter) waren erwartungsgemäß defekt und konnten durch neue getauscht werden. Zudem konnten wir zwei noch vorhandene defekte Geräte reparieren. Damit stehen zwei Ersatzgeräte zur Verfügung.
Nach Herausschaltung aller Nebenstrecken konnten wir dann auch den Isolationswert der Hauptleitung prüfen. Diese erwies sich als intakt.

Damit war das Schadensbild zwar deutlich, aber insgesamt immer noch begrenzt geblieben. Es hätte bei einem Direkteinschlag durchaus viel schlimmer kommen können.

5. 3. Ein neues „Solarhaus“

Nachdem wir unten in Hossaena Wellblech und Nägel besorgt hatten, standen am 25. 1. viele Arbeiter bereit, um das neue „Solargebäude“ zu bauen. Eine Zeichnung war schnell gemacht und die Hausecken festgelegt. Binnen 5 Stunden stand das Gebäude (unverlehmt) samt Wellblechdach! Das war eine Meisterleistung, mussten doch die Eukalyptusstämme alle mit Beil und Brechstange aufgespalten werden. So können wir dann 2018 das Dach mit einer 3 KW-Solaranlage bestücken.

5. 4. Enttäuschte Erwartungen und viel Verständnis

Aus Nebenbemerkungen der Techniker hörten wir heraus, dass sie und die Dorfleute mit einer großen Aktion gerechnet haben. In einer Dorfversammlung habe ich erklären müssen, dass dies auf Grund der ergebnislosen Aktion Oktober 2016 nicht möglich ist. Die Bevölkerung nahm dies mit großem Verständnis auf, hatten sie doch vorher schon gehört, dass wir Oktober 2016 einen Versuch unternommen hatten.

5. 5. Tula hat wieder Strom

Am 26. Januar konnten wir Stück um Stück die Wohnhütten wieder zuschalten, was in den Hütten eine gut hörbare Freude auslöste. Damit konnten wir nach viertägigen Arbeiten Tula wieder erleichtert verlassen.

6. Neue Kontakte zur Kirche Mekane Yesus

Dass im Vorfeld der Fahrt keine Reaktion sowohl von der Zentrale in Addis als auch von der in Hossaena kam, lag darin, dass beide leitenden Mitarbeiter nicht mehr auf ihrer Position arbeiten. Umso erfreuter waren wir, dass sich in Hossaena ein neuer Projektleiter bei uns vorstellte, mit dem wir alle wichtigen Fragen (besonders auch der möglichst zollfreien Einfuhr) klären konnten. Ashenafi macht einen sehr engagierten Eindruck, was uns sehr hoffnungsvoll stimmt (im Bild hinten links).

7. Geschenke für Kinder

Auf Grund einer Sammlung in einem Kindergarten, in dem Mariann, die Tochter des Äthiopien-Mitfahrers Hans-Jürgen Graf arbeitet, konnten wir den Kindern von Tula kleine Kuscheltiere sowie Kinderkleidung, Schulhefte und Stifte überreichen. Das Mitbringen von Geschenken ist freilich ein nicht unproblematisches Unterfangen, da es bei der Verteilung zu Ungerechtigkeiten führen kann. Die Freude der Kinder war jedenfalls riesengroß. Auch konnte durch H. Vater ein Fußball überreicht werden, der die Kinder in ein wunderbares Zusammenspiel brachte.

8. Kleiner Abstecher: Food Security Project im Lemo-Distrikt

Ashenafi hatte uns angeboten, auf dem Heimweg Richtung Addis noch ein landwirtschaftliches Projekt zur Nahrungssicherung anzuschauen. 15 Fahr-km von Addis entfernt fördert „Brot für die Welt“ eine kleine Landwirtschaft mit dem Ziel, bodenerhaltende Maßnahmen zu testen und neue Pflanzen anzubauen, die im Zuge der Klimaerwärmung trotz Trockenheit neue Nahrungsquellen erschließt. So lässt z. B. die Taro-Pflanze dicke saftige Knollen im Boden entstehen, die sehr schmackhaft und nahrhaft sind. Die Bauern der umliegenden Region sollen hier geschult werden. Da die Förderung durch „Brot für die Welt“ 2018 ausläuft, sucht dieses Projekt einen Partner in Deutschland.

9. Projektkosten, Perspektive

Für die Projektfahrt 2017 fielen Kosten an in Höhe von ca. 2.300 Euro. Dies betraf Anschaffungen im Vorfeld (Wechselrichter, 2 elektronische Trafos/ Schweißinverter, Transport- und Unterbringungskosten innerhalb Äthiopiens). Die Flugkosten und die Beköstigung wurden von den Teilnehmern wie bisher privat getragen.

Wie weiter mit dem Projekt?

Auf Grund der nun erreichten Kapazitätsgrenze ist 2018 geplant, das Solarfeld zu verdoppeln und den Hauptwechselrichter wieder einsetzbar zu machen. Dies macht einen Weiterausbau in einem bisher nicht berücksichtigten Dorfteil möglich und sorgt durch eine verbleibende Restkapazität für die Garantie einer positiven Energiebilanz. Mehr Solarausbau ist bei dem vorhandenen Akkublock (24 V DC, 1800 Ah) technisch nicht machbar (zu hohe Ladeströme, begrenzte Kapazität). Grob geschätzt werden wir für die nächste Aktion im Januar 2018 ca. 10.000 Euro benötigen. Wir hoffen auf weitere Spenden und danken allen ausdrücklich, die diese Arbeit durch ihre Spenden möglich machen.

gez. Dr. J. Hahn, Februar 2017

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