Projektfahrt Januar 2022

Windenergie für Tula/ Äthiopien 28.1. – 9.2.2022

Mitreisende

Liranso Salomon (links im Bild, Übersetzer aus Hossana/Äthiopien), Uwe Anke (2. V. l., Pappendorf, Gemeinde Striegistal), Joachim Hahn (3. V. l, Rüsseina, Stadt Nossen), Martin Menzel (4. V. l, Bodenbach, Stadt Nossen), Abiti (rechts im Bild, ein uns unterstützender „Junger Techniker“ aus Addis Abeba)

Inhalt

  1. Ausgangslage 2021
  2. Ziel der Projektreise Jan./ Febr. 2022
  3. Reiseinformationen/ Zollabfertigung/ Corona-Situation
  4. Ankommen in Addis Abeba, Hotelwahl, Solarplattenkauf Sa., 29. 1. 2022
  5. Transportfahrt nach Hossana im Süden Äthiopiens So., 30. 1. 2022
  6. Hossana: Material-Einkäufe und große Materialverlade-Aktion am Mo., 31. 1. 2022
  7. Transport nach Tula, Entladung und Zeltbau Di., 1. 2. 2022
  8. Rattenfraß und technische Probleme
  9. Arbeiten in der alten und neuen Elektrozentrale Mi.-So. 2.-6. 2. 2022
  10. Energieverbrauch, Verbraucherverhalten und „Großverbraucher Kirche“
  11. Ein elektrotechnisches Spezialproblem
  12. Problem Strommast-Stabilisierung
  13. Planung weiterer Kabeltrassen
  14. Organisatorische Regelungen mit der Dorfverwaltung
  15. Von Mensch zu Mensch - Begegnungen
  16. Rückreise nach Addis Abeba, Materialrecherchen, Materialkauf und Instruktionen
  17. Gesamtkosten der Projektfahrt
  18. Perspektive

1. Ausgangslage 2021

Im Oktober 2021 konnten wir (Franz Fröhlich, Joachim Hahn) nach längerer Corona-Projektpause im Projektort Tula in einer Art Stipp-Visite wichtige Dinge erledigen, die Voraussetzung für einen sicheren Fortgang der Projektarbeit schaffen sollten (vgl. ausführlichen Projektbericht 2021):

  • Sichtung der umfangreichen Materialeinlagerung von 2019 in einem Lagerraum der Mekane Yesus    Kirche in Hossana nach Vollständigkeit und Zustand.
  • Tausch eines defekten Wechselrichters im Elektrohaus Tula
  • Korrigierende Programmierung von PV-Ladereglern
  • Vorbereitende Arbeiten zur Fertigstellung eines Gebäudes zur geplanten Unterbringung einer zweiten    Elektrozentrale im entfernten Dorfteil „Trompete“
  • Vorbereitende Anweisungen an die jungen Techniker in Tula
  • Auffrischung menschlicher Kontakte in Tula und der Stadt Hossana

2. Ziel der Projektreise Jan./ Febr. 2022

Das Gesamtziel der Reise lag darin, Voraussetzungen im Projekt-Dorf  Tula zu schaffen, damit in einem weiteren Projektschritt eine weitgehende Fertigstellung des Gesamtenergiesystems in Tula in Sicht kommt. Unser Projektziel war hinsichtlich der Gruppenstärke von drei Personen ambitioniert, konnte aber in allem erreicht werden. Folgende Ziele hatten wir uns gesteckt:

  1. Kauf von 30 Stck. 200 Watt-Solarpanele in Addis sowie von zwei Metalltüren (zum sicheren Verschluss von Lagerstellen in Tula) sowie deren Transport nach Hossana/ Süd-Äthiopien (ca. 280 km von Addis Abeba).
  2. Lieferung von Ersatzteilen für einen defekten Wechselrichter – Reparatur-Option in einer Firma.
  3. Transport sämtlicher in Hossana lagernder Materialien incl. zweier großer Akku-Blöcke (2020 eingelagert) in das Dorf Tula und dortige Einlagerung in Elektrohaus 1 und 2.
  4. Bereinigung und Ordnung im 1. E-Haus, Sichtung des Bestandes.
  5. Inspektion und ggf. Reparatur des defekten Dieselgenerators.
  6. Einbau eines neuen Doppelakkublockes in das bisherige Elektrohaus incl. Neuinstallation eines leistungsstärkeren Wechselrichters und Nachrüstung von Zuleitungskabeln.
  7. Umsetzung des „alten“ Akkublockes in das neue Elektrohaus incl. Installation von wenigen Solarpanelen mit Laderegler incl. Akkuanschluss (um den Akku im Lagerzustand frisch zu halten).
  8. Einbau von Metalltüren in das neue E-Haus.
  9. Planung und Begehung neuer Kabeltrassen durch bisher nicht elektrifizierte Dorfregionen.
  10. Organisatorische Klärungen im Dorf Tula (Finanzbeiträge, Verbraucherverhalten)
  11. Organisation einer dauerhaften Kontaktbrücke nach Addis Abeba und Deutschland.

3. Reiseinformationen

Die rel. kurzfristige Buchung eines Fluges war eigenartigerweise weder direkt über Lufthansa noch direkt über Ethiopian Airlines zu realisieren (Kooperationsflüge), sondern nur über einen Zweitanbieter, und dies zu vergleichsweise hohen Preisen (Ethiopian Airlines, ca. 820,00 Euro/Pers.). Die eigenen Flüge der Lufthansa nach Äthiopien sind offenbar weiterhin ausgesetzt. Ansonsten ist der Flug von Dresden über Frankfurt nach Addis Abeba eine kurze und optimale Verbindung. Mittags geht es hier von zu Hause los, früh um 6.00 Uhr ist man bereits in Addis.

Das Visum wird nur online über die Plattform der Äthiopischen Botschaft erstellt. Ein Visum kostet ca. 48,00 Euro.

Voraussetzung für eine Ausreise war ein PCR-Corona-Test, der nicht älter als 120 Std. bis Einreise in Äthiopien sein durfte. Für die Rückreise war kein Coronatest erforderlich. Eine vorherige online-Registrierung vor Rückflug in Addis hatte sich während unseres Äthiopien-Aufenthaltes erübrigt, da Äthiopien von der Risikoliste genommen wurde.

Zollabfertigung

Die Zollabfertigung geschieht weiterhin außerordentlich penibel. Auf Grund einer Vordurchleuchtung werden „verdächtige“ Gepäckstücke markiert, so dass ein „Schnellausgang“ nicht möglich ist, sondern alles inspiziert wird, so eben auch unsere Koffer. Neben vielen Sicherungsautomaten und einzelnen Installationsmaterialien fiel eben auch ein rel. großes elektronisches Ersatzteil auf. Nach langer vergeblicher Wartezeit erbat ich über eine Mitarbeiterin den Chef, der – sehr freundlich – den Begleitbrief der Mekane Yesus-Kirche registrierte und uns dann laufen ließ.

Die äthiopischen Währung „Äthiopische Birr“ (EB) hatte weiter an Wert verloren (1 Euro=56 Birr; noch 2019 lag der Kurs 1:34). Oft rücken die Preise nicht nach, so dass manche Ausgaben dann für uns günstiger ausfielen (Hotelkosten, techn. Gerät).

Corona-Situation

Auch Äthiopien hatte unter Corona zu leiden, doch unterm Strich weniger, als anfangs befürchtet. In Addis waren Masken in Innenräumen noch teilweise aktuell.  Im südlichen Hossana aber war das Leben vollständig zur Normalität zurückgekehrt. Offenbar ist Corona dort durch. Zwei Gründe werden für diese rel. gute Bewältigung angegeben: 1. hat Corona bei einem Bevölkerungsdurchschnittsalter von 20 Jahren nur wenig Chancen zu schweren Verläufen gehabt und 2. scheinen Afrikaner durch die häufigere Konfrontation mit verschiedenen Viren und Bakterien resistenter zu sein als Europäer (kenianische Studien). Wir haben diese Normalität als sehr wohltuend erleben können.

Kriegsereignisse im Norden

Die unübersichtlichen Kriegsereignisse im Norden und Nordosten des Landes vor allem zwischen bewaffneten Gruppen des Tigray-Volkes und der Staatsarmee sind weiterhin besorgniserregend, spielten aber in Addis Abeba und im Süden des Landes gefühlt keine Rolle. Lediglich Armeekontrollpunkte auf offener Landstraße machen das Sicherheitsbedürfnis des äthiopischen Staates sichtbar.

Reisen mit Jeep

Der bereits gebuchte Jeep war dann auch zur Stelle (incl. Fahrer, excl. Diesel 3000,00 Birr = 54,00 Euro/Tag). Unser „alter“ Driver Shifferaw konnte auf Grund einer ihm noch anhängenden Corona-Erkrankung nicht fahren. So wurde der junge und fröhliche Ephräm unser Chauffeur.

4. Ankommen in Addis Abeba, Hotelwahl, Solarplattenkauf
Sa., 29.1.2022

Wie üblich, „landen“ wir erst einmal in der Familie unseres Berliner äthiopischen Freundes Wolde Giorgis Demissie. Nach ausgiebigem Frühstück und einer typisch äthiopischen Kaffeezeremonie werden organisatorische Dinge besprochen, Verträge gemacht (Jeep) und Einkäufe geplant. Unschätzbar die Dienste der Familienangehörigen Melat, die bereits den Kauf der 30 Solarplatten realisiert hatte. Nur die Lieferung stand noch aus.

Im Hotel „Canaan“, unweit von Woldes Familie, fanden wir endlich ein Hotel, das bezahlbar und halbwegs in Ordnung war (ca. 12 Euro/ Nacht ohne Frühstück) sowie eine ausgesprochen gute Gastronomie hat. Den Straßenlärm und gelegentliche Stromausfälle muss man allerdings wegstecken.

5. Transportfahrt nach Hossana im Süden Äthiopiens
So., 30.1.2022

Auf Grund der Tatsache, dass Melat den Solarplattenkauf bereits abgeschlossen hatte (Anlieferung noch am 29.1.) und auch die beiden Metalltüren (aus eigener Herstellung) bereitstehen hatte, konnten wir bereits am Sonntag, den 30.1.2022 nach Hossana fahren. Einen Pickup hatte Melat besorgt. Da die (vor ca. 12 Jahren durch die Chinesen neu gebaute) kürzere direkte Straße über  Budajira in einem katastrophalen Zustand ist, entschlossen wir uns, die ca. 80 km längere Westroute über Welkite zu nehmen, was sich als eine gute Entscheidung erwies. Landschaftlich geht es über große Höhenzüge am Rande des afrikanischen Grabenbruches mit grandiosen Fern-blicken, vorbei an vielen Wohnsiedlungen, Feldern und Gärten. Immer wieder beeindruckend dabei das Dreschen des Getreides auf Dreschplätzen mit Ochsen, wie vor 2000 Jahren.

Wichtig dabei, dass der vorausfahrende Pickup alle Rechnungsbelege der geladenen Ware dabei hat, da Polizeikontrollen dies prüfen.

9.00 Uhr in Addis gestartet, kamen wir ca. 16.30 Uhr in Hossana an (280 km). Leider war das uns so vertraute Hotel Lemma durch eine Konferenz belegt, so dass wir für diese Nacht auf ein anderes Hotel ausweichen mussten. Hier gab es – obwohl nicht muslimisch geführt – kein Alkohol. Der Besitzer war ein Mineralwasser-Produzent…

6. Hossana: Material-Einkäufe und große Materialverlade-Aktion
am Mo., 31.1.2022

Geplant war an diesem Tag, nach einigen Einkäufen ab Vormittag/ Mittag die 7 Transportkisten auf einen LKW zu laden, um dann noch am Nachmittag nach Tula zu fahren, um dort alles händisch abzuladen, die Zelte aufzubauen und dann schon in Tula zu übernachten. Dieser Plan entsprach allerdings nicht den örtlichen Realitäten.

Dank der Hilfe und Ortskenntnis unseres Übersetzers Liranso Salomon (im Folgenden Liri) konnten wir in rel. kurzer Zeit das Notwendigste versorgen: Holzbretter und –latten für die PV-Dachkonstruktion, Wasserkanister, Holzkohlekocher, Holzkohle, Brot, Wasser, Gemüse, Telefonkarten, Schnaps und Klopapier. Dann ging erst einmal alles reibungslos weiter. Die Lagerhalle im Gelände der Südsynode der Mekane Yesus Kirche wurde geöffnet. Wir konnten die Beladung planen: Händisches Einzelauf-laden oder mittels Gabelstapler eine Kompaktbeladung der Kisten? Wir entschieden uns für letzteres. Dann Demon-tage der mit Brücken verkoppelten Akku-Zellen, die auf zwei Paletten standen, jede knapp eine Tonne schwer. Wenn auch nur eine einzige der 24 70 kg-Zellen zu Bruch gehen würde, wäre das gesamte Projekt gescheitert.

Dann trafen tatsächlich LKW und Stapler (Teleskoplader) ein. Es war Mittag. Die Halle wurde verschlossen und – zu unserer Verwunderung und dann auch Verärgerung - für Stunden nicht wieder geöffnet. So standen wir mit ganzer Maschinerie tatenlos herum und konnten uns nur an einer (oder zwei) Flaschen Bier festhalten. Was war geschehen? Auf der Leitungsebene der Kirche gab es offene Fragen und vielleicht auch Irritationen, ob man uns die Waren herausgeben dürfe, waren fast alle Mitglieder der Leitung neu und kannten sich mit dem Projekt kaum aus  (obwohl wir nun über 10 Jahre per Partnerschaftsvertrag mit dieser Kirche zusammengearbeitet hatten). Nun, im Nachhinein sehen wir dahinter auch ein Verantwortungsgefühl der handelnden (oder eben nicht handelnden) Personen. Erst gegen Spätnachmittag wurde die Halle wieder geöffnet und die Verladung konnte beginnen. Maßarbeit war gefragt, passten doch die Kisten eng geschachtelt gerade so auf den LKW. So zumindest hatten wir es berechnet. Nicht berechnet hatten wir, dass die Palletten unter den Kisten z. T. schwer beschädigt waren und Dank der Umsicht von Martin Menzel blitzschnell z. T. unter schwierigsten Bedingungen neu zusammengeschraubt werden mussten. Immerhin waren die von mir im Voraus bestellten Akkuschrauber aus Tula nach Hossana gebracht worden. Ohne diese wäre alles gescheitert. Tatkräftige Männer auf dem LKW hebelten dann mit Balken und Stangen die Kisten in die richtige Position. So war es Abend geworden, und wir entschlossen uns zur Übernachtung in Hossana und zum Transport am nächsten Morgen.  Am Ende waren wir unendlich dankbar, dass trotz der Hindernisse keine der Kisten zu Bruch gegangen war.

7. Transport nach Tula, Entladung und Zeltbau
Di., 1.2.2022

Der 20 km lange Weg von Hossana nach Tula von ca. 2500 m ü. M. auf ca. 3000 m ü. M. ist abenteuerlich, für den LKW aber erstaunlich machbar. Noch vor Mittag erreichten wir Tula. Wir entschieden uns dafür, den Teil der Ladung im neuen E-Haus im Dorfteil, den wir wegen der Luftbildgestalt „Trompete“ nennen, abzuladen: PV-Platten, mehrere Kabeltrommeln, Metalltüren und das Bauholz für das Solardach. Dank der  vielen spontanen Helfer aus dem Dorf ging die Abladung schnell vonstatten. Danach ging es zum „alten“ E-Haus, wo der ganze Rest der Ladung, die Akkublöcke, Kabeltrommeln und sämtliche elektrische Komponenten einzeln entladen wurden. Verbunden war dies immer mit der Lösung unendlich vieler Verschraubungen in den Kisten, die der Ladungssicherung gedient hatten. Als richtig nützlich erwiesen sich Spezialtragegurte für schwere Akkuzellen, die uns im Vorfeld die Berliner Akku-Firma noch liefern konnte.

Nach Mittag, ca. 13.30 Uhr konnte der LKW-Fahrer ausgezahlt und wieder nach Hossana zurückgeschickt werden (13.000 Birr = 230 Euro incl. „Übernachtzuschlag“).

Danach begann der Aufbau unserer Zelte, so dass an diesem Tag für das „Einwohnen“ noch genug Zeit blieb. Unsere enge Planung am Vortag wäre allemal nicht aufgegangen. So schreibt Gott über seltsame Wege und krummen Zeilen doch erstaunlich gerade.

8. Rattenfraß und technische Probleme – über Momente, die depressiv werden lassen können

Jedes Mal, wenn ich Tula erreiche, klopft mein Herz. Nein, es ist nicht die Anstrengung einer ziemlich abenteuerlichen Geländefahrt, sondern die Frage, was uns in Tula erwartet: Läuft die Anlage noch, gibt es Probleme mit der Technik? Sind die Dorftechniker zur Stelle? Wie sieht es im Elektrohaus aus? Ist noch alles vorhanden?

Was wir antrafen, was im ersten Moment etwas niederschmetternd. Da war kein Licht. Der Wechselrichter war herausgeschaltet, der Batterie-trennschalter auch. Die Techniker machten betretende Gesichter und schilderten Probleme einer Überladung der Akkus, die sie stoppen wollten. Und vor etwa 10 Tagen wäre der Wechselrichter ausgefallen. Zudem wäre ständig die Batteriehauptsicherungen durchgebrannt. Sie zeigten mir mehrere dieser 125 A-Sicherungen. Ich konnte mir auf den ersten Blick keine der angezeig-ten Probleme erklären. Und nichts ist schlimmer als Probleme, deren Ursache du nicht kennst. Zu allem Unheil zeigte ein Seitenblick in unseren Materialschrank und die Kunststoff-Werzeugkästen große Rattenfraßlöcher. Unsere Wasserkanister hatten die Ratten bereits im Oktober mit großen Fraßlöchern unbrauchbar gemacht. Ob Kolben der LED-Lampen, ob Akku-Leuchte oder Schraubenziehergriffe, Taschen, Koffer, Werkzeugkisten – alles von Ratten angefressen. Später entdeckten wir im Küchen-koffer ein großes Rattenfraßloch in einer Fischkonserve. Hier erst einmal Ratlosigkeit, wie den Ratten beizukommen sein könnte. Zum Glück zeigte keine der Akku-Außenhüllen Rattenfraßanzeichen. All das, die offenen technischen Fragen und die Ratten, ließen meine Stimmung dicht an der Depression vorbeischrammen.

Am Folgetag analysierte ich die technischen Probleme Stück für Stück, um sie zu verstehen.

  1. Der große Akku-Block war voll aufgeladen und in Ordnung.
  2. Beim Schließen des Akkutrennschalters sah ich, dass die Techniker eine der sich darin befindlichen Doppelsicherungen falsch eingesetzt hatten, so dass die verbleibende Sicherung durchbrennen musste, weil die parallele auf einem falschen Steckplatz war. Ein Problem war gelöst.
  3. Dann entdeckte ich, dass zwei der aktiven fünf Solarregler auf 48 V (statt 24 V) eingestellt waren (oder wurden). Damit konnte die Überladung der Akkus erklärt werden. Zudem zeigte ein PV-Laderegler Lade-Störungen. Dieser konnte später ersetzt werden. Durch Neuprogrammierung der PV-Regler konnte alles ins Lot gebracht werden. Die neuen Victron-PV-Regler lassen eine unberechenbare Umstellung der Spannungsebene nicht mehr zu.
  4. Der Wechselrichter zeigte einen Überlastungsdefekt. Das hatten wir schon einmal und konnten dies mit dem Tausch einer Platine beheben. Da wir allemal einen größeren Wechselrichter (7 KW) einbauen wollten, stand die Funktion des Gesamtsystems erst einmal nicht in Frage. Dennoch bleibt die Frage, wie wir vermuteten Überstrom- bzw. Überspannungssituationen technisch begegnen könnten. Zu einer möglichen Problemlösung vgl. den Abschnitt 11 „Ein elektrotechnisches Spezial-problem“.

Dank der umsichtigen Hilfe der Gruppenmitglieder konnten wir abends etwas essen und die bereiteten Zelte bewohnen. Über einen Mini-Wechselrichter war es immerhin möglich, noch eine Lampe brennen zu lassen oder Handys aufzuladen.

9. Arbeiten im alten und neuen E-Haus
Mi.-So. 2.-6.2.2022

Dies stand schon lange an: Im E-Haus musste einmal Ordnung gemacht werden: alte Kabelreste wurden umgelagert, ein Schubkarre entsorgt und eine Holzkabeltrommel zum „Stammtisch“ gemacht. Damit wurde erst einmal Luft geschaffen und Platz für die „innerbetrieblichen“ Akku-Transporte. Zudem konnten wir im Laufe der Tage sämtliche Werkzeuge, vorhandenes und neu beschafftes, ordnen, die Werkzeugtafel im E-Haus ergänzen sowie das gesamte Material bereitstellen, das die Techniker zum weiteren selbständigen Netzausbau benötigen. „Unseren“ vorher verschlossenen Werkzeugschrank haben wir gründlich von Rattenmüll gesäubert und nun offen stehen lassen, da wir den Eindruck haben, dass sich die Ratten in einem geschlos-senen Raum wohler fühlen als in einem offenen. Die daselbst vorher deponierten sensiblen Mess-Gerätschaften sollten allemal in die rattensichere Kiste verstaut werden.

Montage-Arbeiten im Überblick

Da eine chronologische Aufführung aller Montagearbeiten vom 2. – 6. Februar 2022 hier nicht ausreichend übersichtlich beschrieben werden kann, fassen wir diese Arbeiten im Folgenden stichwortartig zusammen. Die Durchführung der Arbeiten erfolgte z. T. parallel in zwei Arbeitsgruppen in Wechselnder Besetzung, immer unter Mithilfe unseres jungen Technikers Abiti und der Dorftechniker.

 a) Haupt-Elektro-Zentrale

  • Materialordnungen, Bereinigungen, Werkzeugordnung
  • Zusammenbau des Akkugestelles für die neuen zwei Akku-Blöcke
  • Heraustragen des „alten“ Akkublockes aus dem Haupt-E-Haus (Tula-Techniker)
  • Einbringung und Montage des neuen Akku-Blockes (24 Zellen á 70 kg) im E-Haus (Tula-Techniker)
  • Demontage des alten 4,5 KW-Wechselrichters, Ausbau der Hauptplatine zwecks Reparatur/ Tausch.
  • Montage des neuen 7-KW-Wechselrichters incl. Verkabelung zum E-Steuerkasten
  • Wiederinbetriebnahme der Dorfstromversorgung; Kurzschlusstest im E-Haus.
  • Neukonstruktion eines Batterietrennschalters mit drei parallelen Haupt-Sicherungen
  • Neuverlegung von verstärkten Batterieableitungskabel (Plus/ Minus jeweils 2x50² Cu) mit mehrfachen Ringösenverpressungen
  • Demontage eines offenbar defekten PV-Reglers (ein defekter Regler wurde bereits im Oktober 2021 demontiert)
  • Montage von zwei neuen PV-Reglern. Damit Komplettierung der PV-Einspeisung auf volle Stärke (sechs PV-Felder mit je einem PV-Regler, insges. 9 KWp).
  • Wellblechsicherheitsdach über der sensiblen Technik
  • Reparatur des Notstromaggregates (Tausch und Neuanschluss eines verkohlten Sicherungsautomaten)
  • Einbau einer Metalltür im Lager zum „Solardach-Nebengebäude“
  • Bau einer großen, innen mit Metallplatten beschlagenen rattensicheren Vorratskiste für sensible Technik, Campingausrüstung und Küche.
  • Sortierung und Bereinigung der rattenfraßgeplagten Campingküche.

b) Arbeiten in der 2. (neu auszubauenden) E-Zentrale Dorfteil „Trompete“

Diese E-Zentrale wurde notwendig, da im Dorf deutlich mehr Hütten angeschlossen werden müssen, als uns zuvor mitgeteilt wurdeca. 250 Hütten anstatt 130). Diese erhebliche Mehrversorgung lässt sich nur durch eine zusätzliche E-Zentrale bewältigen, die eine separate Dorfregion versorgen soll. Da diese von geringerer Dimension ist, hatten wir uns entschlossen, den alten kleineren Akku-Block aus der Hauptzentrale hierher umzusetzen und die ca. 2 km entfernte Hauptzentrale mit einem größeren aufzustocken. Die zweite E-Zentrale soll nur solargestützt laufen.

Das ebenfalls aus Holz und Lehm bestehende Gebäude wurde bereits 2019 errichtet und zeigte sich durch Verwitterungserscheinungen wegen des noch fehlenden Wellblech-daches Oktober 2021 in einem kläglichen Zustand. Auf unsere Bitten (und nach unserer Wellblechlie-ferung Oktober 2021) waren die Wände neu ausgeworfen und das Wellblechdach montiert worden. Damit war die Voraussetzung gege-ben, nun erste technische Ausstattungen vorzunehmen. Das Gebäude war deutlich größer ausgefallen, als von uns geplant, was aber nun durch die größere Dachfläche  eine ausreichend große Solarfläche ergibt. Auch gut. Zudem kann das Gebäude innen hälftig mit einer Zwischenwand und einer zweiten „Sicherheitstür“  in einen Lagerbereich und einen Technikbereich eingeteilt werden.

Folgendes konnte hier erledigt werden:

  • Einbau von zwei verschließbaren Metalltüren (Außentür, Zwischentür).
  • Einbau von zwei Fensterluken mit Metall-Läden.
  • Ebnung der Stellfläche für den Akku-Block.
  • Installation des Grundgerüstes und des Akkublockes (der „alte“ aus der Haupt-E-Zentrale) incl.   Brückung der Zellen. Die 12 Akku-Zellen (á 80 kg) konnten mit dem Jeep umgesetzt werden.
  • Anschluss des Akku-Blockes an einen Batterie-Trenner.
  • Installation einer großen Holz-Montagewand an der Nordseite zur leichteren Befestigung aller elektrischen Komponenten (aus Brettern der Transportkisten).
  • Installation von zwei PV-Reglern (die zwei fehlenden wurden in der Hauptzentrale ersatzweise verbaut und müssen 2023 noch ergänzt werden) – Anschluss eines Reglers an den Akku-Block.
  • Installation von vorerst zwei Solarplatten (je 200 Watt) auf dem Dach zur Ladungserhaltung der Akkus.
  • Installation eines Wasser-Schutzbrettes über der Technikwand.

Damit sind für die nächste Projektaktion die Voraussetzungen für einen Komplettausbau der 2. E-Zentrale gegeben. Nötig werden noch die Komplettierung des E-Steuerkastens, die Installation der zwei fehlenden PV-Regler sowie die Installation des kompletten Solardaches mit insges. 32 PV-Platten á 200 Watt sowie der Anschluss an das noch auszubauende Dorfnetz.

10. Energieverbrauch, Verbraucherverhalten und „Großverbraucher Kirche“

Insgesamt gesehen kann man über den Energieverbrauch des Dorfes nur lächeln, wenn man bedenkt, was in Deutschland allein ein Haushalt verbraucht. Da es sich in Tula aber um eine sehr begrenzte Energieerzeugung handelt, gelten hier andere Grundsätze.

Interessant ist für uns bei laufender Anlage, wie viel Strom das Dorf verbraucht, um die Energiebereit-stellung abschätzen zu können. Angeschlossen waren jetzt unverändert ca. 130…140 Wohnhütten, zwei Kirchen, Dorfverwaltung und Schule.

Hier einige Beobachtungen zum Stromverbrauch: Seit Mitte Oktober 2021 waren lt. Zähler in ca. 100 Tagen 1.340 KWh verbraucht worden, wobei durch die Dorf-Techniker zeitweise der Bereich „Trompete“ herausgeschaltet worden war. Das wären 13,4 KWh am Tag. Nach Zuschaltung dieses Dorfteiles durch uns incl. der dort befindlichen Kirche war ein täglicher Verbrauch von 20 KWh zu verzeichnen.

Der geschätzte Jahresgesamtverbrauch wird sich bei 7.000 KWh bewegen für ca. 130 Haushalte (in Deutschland ist das der Energieverbrauch von ca. zwei Haushalten).

Der momentane Energieabfluss ist zu den Tageszeiten naturgemäß unterschiedlich: Vormittags: 800-1200 Watt, Abends: 2200-2300 Watt

Es zeigt sich, dass der vergrößerte Akku-Block notwendig war. Bei hohem Energieabfluss wird natur-gemäß die Akkuspannung heruntergezogen. Bei 3,6 KW (unser Wasserkocher hatte nachgeholfen) z. B. fiel die Akkuspannung 24,8 V auf 23,8 V ab. Hier fließen, wenn z. B. nachts kein Solarstrom den Ab-fluss reduziert, dann ca. 150 A aus dem Akku. Dennoch zeigte sich der neue Akku als außerordentlich „standfest“.

Ein gewisses Problem zeigt sich im Verbraucherverhalten. Während wir vor drei Jahren abends noch einen Energieabfluss von ca. 1,5 KW hatten, waren es jetzt bei gleicher Anschlusszahl 2,2 KW. D. h., das Verbraucherverhalten hatte sich geändert in Richtung höherem Energieverbrauch. Ein Dorfrundgang wies uns auf Ursachen. Dabei spielt der Faktor „Beleuchtung“ eher eine untergeordnete Rolle, da fast durchgängig LED-Lampen im Einsatz sind (meist 7 Watt). Es sind andere Faktoren:

  1. Die Zahl der angeschlossenen Kleingeräte hat zugenommen (Radios, Ladegeräte, Akkulampen).
  2. Ein Hauptfaktor sind einzelne aufgekommene Fernsehgeräte. Wir hatten diese vor Jahren im „Haushalts-Anschlussvertrag“ nicht gestattet. Leider schien dieser Vertrag nur einige Haushalte erreicht zu haben. Für die Bewohner ist es schwer nachvollziehbar, dass wir es hier mit einer limitierten Strombereitstel-lung zu tun haben. Mit Verwunderung reagierten sie auf meine etwas provokante Aussage, dass ihr 170-Watt-Gerät so viel verbraucht wie 10 Haushalte und sie eigentlich einen mehrfachen Strombeitrag zahlen müssten. In einer großen gottesdienstlichen Versammlung konnte ich vor über 200 Dorfbewohnern den Sachverhalt erläutern mit der Bitte, keine weiteren TV-Geräte mehr anzuschließen, sondern besser auf gemeinschaftliches Fernsehen zu setzen. Ob der darauf erfolgte große Applaus Früchte zeigt, wissen wir noch nicht, hoffen es aber.
  3. Eine der beiden (evangelischen) Kirchen (Megalot-Church) hat sich zu einem Superneubau gemausert incl. vieler Nebengebäude und -räume, die für Kinderkirche, Beköstigung, Studentenarbeit u. v. m. genutzt werden, also über die reinen Gottesdienstzeiten weit hinausgehen. Allein in der Kirche hängen in großer Höhe 15 Lampen. Allein diese müssten mit ca. 300 Watt veranschlagt werden abgesehen von einer imposanten Verstärkeranlage. Hier haben wir mit den Gemeindeleitern zusammen überlegt, ob eine Mini-Energieanlage nur für die Kirche das Beste wäre, wobei sich hier die Gemeinde an den Kosten deutlich beteiligen müsste, was uns auch zugesichert wurde. Hier müssen wir schauen, ob dies umzusetzen geht. Ein Dieselaggregat für 1000 Euro wäre hier mit Abstand die kostengünstigste Variante. Für den reinen Gottesdienstbetrieb wäre das eine echte Alternative. Aber schon ein gedachter 10-Stunden-Betrieb am Tag (z. T. bei geringster Stromabnahme) würde durch den Dieselverbrauch auf Dauer den Kostenvorteil auffressen.

11. Ein elektrotechnisches Spezialproblem (nur für Elektrotechnik-Freaks)

Nicht zum ersten Mal sind wir mit einem elektrotechnischen Problem konfrontiert, das wir dringend lösen müssen, um die Leistung der Wechselrichter für das Dorf überhaupt abrufen zu können. Es ist das Problem der Vorabsicherung der Wechselrichter im Kurzschluss- bzw. Überspannungsfall. Zum wiederholten Male war der Wechselrichter ausgestiegen (Defekt an der Hauptplatine), und wir vermuten, dass es zu kurzzeitigen Überlasten (Überströme/ Kurzschlüsse an Reibestellen in der Hauptleitung?) bzw. möglicherweise auch Überspannungen gekommen ist. Nun könnte man meinen, dass bei max. 4,5 KW Wechselrichterleistung (ca. 20 A) im Netzkurzschlussfall wenigstens eine 16 A-Sicherung auslösen und den Wechselrichter vor Überlastung schützen würde. Das passiert aber nicht, weil ein Sicherungsautomat (und auch eine Schmelzsicherung) im Kurzschlussfall die drei- bis vierfache Strommenge braucht, um überhaupt auszulösen (Bei 16 A löst sie wohl aus, wenn ein entsprechender Verbraucher eine Weile die 16 A etwas überschreitet). Das schafft aber der Wechselrichter nicht. Er löst noch nicht einmal eine 10 A-Sicherung aus. Die Sicherungen bleibt drin und der Wechselrichter kann nur per interner Sicherung raus schalten, was er offenbar aber nicht unbegrenzt oft mitmacht. Der Wechselrichter löst gerade mal eine 8 A-Sicherung aus. Dann wäre das Gerät durch eine Vorsicherung im Kurzschlussfall  geschützt. Das aber würde bedeuten, dass Verbraucher nur bis 8 A Leistung (ca. 1800 Watt) angeschlossen werden könnten bei einer tatsächlich möglichen Geräteleistung von max. 4500 Watt!

D.h., wir müssen auf die Suche gehen nach einer elektronischen Sicherungselement, das wirklich bei einer definierten Stromstärke (z. B. 25 A) einen Sicherungsschütz sicher schaltet. Dann könnte der Wechselrichter bis 4500 Watt (20 A) seine Leistung dem Dorf zur Verfügung stellen.

Dasselbe gilt im Falle einer Überspannung, die evtl. durch Fernblitzeinschlag entstehen könnte und unter der Auslöseschwelle des eingebauten Blitzschutzventiles liegt (z. B. Herausschaltung bei 280 V).

Die Lösung dieses Problems wird für den Betrieb der Gesamtanlage von elementarer Bedeutung sein.

12. Problem Strommast-Stabilisierung

In den vergangenen Jahren zeigte es sich, dass die im Boden vergrabenen Strommasten aus Eukalyptusstämmen wegen der bodennahen Fäulnis weniger standhalten, als erwartet. Die Masten halten nicht länger als ca. 5…6 Jahre. Dabei handelt es sich um weit über 200 Masten. Dem hatten wir bereits Abhilfe schaffen wollen durch verschiedene  Test-Methoden:

  • Pinie nehmen statt Eukalyptus. Sehr gute Alternative. Leider kommen Pinien in Tula nicht häufig vor.
  • Einfacher Teeranstrich unter und über dem Bodenniveau allerdings nur wenig Wirkung.
  • Teer-Textil-Umwicklung im gleichen Mastbereich. Offenbar sehr gute Wirkung, aber zu umständlich, als dass es wirklich umgesetzt wird.
  • Guss eines Betonelementes incl. Verschraubung des Mastes. Mit Sicherheit die dauerhafteste Lösung, aber faktisch unpraktikabel und zu schwer.

Nun kam noch der Gedanke auf, eine Folie ca. 30 cm über und 40 cm unter dem Bodenniveau um den Stamm zu wickeln, anzutackern und den oberen Abschluss mit einem großen Kabelbinder festzuzurren. Dies haben wir für ca. sechs Testmasten probiert/ bereitgestellt. Dies wäre – lichtechte Folie vorausgesetzt – wohl eine sehr einfach umsetzbare Variante. Wir werden sehen, ob diese sich bewährt.

Eine ganze Zahl Masten wurden durch die Techniker bereits getauscht.

13. Planung weiterer Kabeltrassen

Die nebenstehende Karte zeigt den derzeitigen Ausbaustand (jeder gelbe Punkt eine angeschlossene Hütte). Rot umran-det zeigen noch anzuschließende Dorfregionen. Dazu konnte ich per Google-Earth-Karten den geplanten Leitungsverlauf auf Detailkarten bereits im Vorfeld eintragen und die Kabel-längen errechnen. Nun war es angezeigt, zusammen mit unserem Übersetzer Liri, dem Bürgermeister und den Dorf-Technikern die Kabeltrassen abzu-laufen. Dies war eine ausgiebige Sonntagswanderung von wohl über 4 km. Für Bürgermeister und Techniker war diese „Trassenwanderung“ von großer Bedeutung, konnten sie sich doch üben in Karte-Lesen (es gibt sonst keinerlei Karten vom Dorf) und Standortbestimmungen. Zudem konnten wir miteinander den geplanten Kabelverlauf ausmachen. Damit sind die Techniker in die Lage versetzt, in unserer Abwesenheit wenigstens die Hauptstrecken verlegen zu können. Material dazu haben sie genug.

14. Organisatorische Regelungen mit der Dorfverwaltung

Wichtig bei allen Arbeiten in Tula: die Einbeziehung des Bürgermeisters und der Dorfältesten. Dies geschieht üblicherweise in einer offenen Dorfversammlung, die in diesem Jahr auf dem Rasen nahe unserer E-Station stattfand. Mit Liri besprach ich im Vorfeld alle anzusprechenden Punkte:

  1. Allgemeine Informationen zum Netzausbau und  zum Stand der Arbeiten.
  2. Verbraucherverhalten;  Kontrolle der Häuser (auch TV-Problem).
  3. Problem fehlender  Hausanschlussverträge.
  4. Notwendige Erhöhung  des Strombeitrages von 30 auf 40 Birr (= 0,71 Euro/Monat) zur weiteren Absicherung der Finanzierung. ¼ davon bekommen die Wächter, die im E-Haus „wachend schlafen".
  5. Rücklagenbildung. Größtes Problem in einer Gesellschaft, die Jahrtausende keine Rücklagen bilden brauchte, da jeder Reparatur/ jeder Ersatz jederzeit aus der Natur genommen werden konnte.
  6. Vergütung der Techniker (auch Erhöhung pro Hausanschluss).
  7. Perspektiven.

15. Von Mensch zu Mensch - Begegnungen

Beköstigungen in den Wohnhütten

Abgesehen von den allabendlichen Kaffee-Einladungen in die Hütte unserer Gastfamilie gab es auch tagsüber einzelne Einladungen in Wohnhütten oder auch in der Kirche. Angeboten wurden uns Kollo (geröstetes Getreide), Kotcho (eine fermentierte gebackene und etwas säuerlich schmeckende graubraune Masse, hergestellt aus dem Stamm oder der Wurzel der falschen Bananenstaude), Buttermilch, gutes Bier, Araki-Schnaps von bemerkenswerter Stärke und rustikalem Geschmack, in der Glut kurz angedünstete Blätter des Markstammkohls oder auch angebratene Ziegenfleischstücke. Sowohl Kotcho als auch die Buttermilch gewinnen sehr durch das Würzen mit dem scharfen chili- und paprikahaltigen Würzpulver Mitmit oder Barbaré. In der Regel flackert ein Feuer in der Mitte der Hütte, die allerdings keinen Abzug hat, was zu erheblicher Rauchbildung führt und die Augen schnell zu Tränen rühren kann. Drumherum staunende Kinder und Erwachsene, die fröhlich und dankbar ihre Gäste empfangen und versorgen. Diese Einladungen zeugen von herzlicher Verbindlichkeit, sicher aber auch hin und wieder als Erinnerung an uns, dass doch auch ihre Hütte bald Strom bekommen solle...

Bälle für die Jugend

Wenn immer etwas ankommt – dann sind das Bälle für Kinder und Jugendliche. Uwe Anke hatte – z. T. hier gesponserte - Volleybälle und Fußbälle mitge-bracht, die wir im Rahmen der Dorfversammlung den Jugend-lichen übergeben konnten. Die Freude war riesig, und wir freuten uns, sie bald mit den Bällen trainieren zu sehen.

Eine Trompete für die Gaststätte „Zur Trompete“

Auf Grund der trompetenartigen Gestalt des Wiesenplatzes im Nord-Westen des Dorfes (Luftbild) nennen wir diesen Dorfteil „Trompete“. Damit hatte 2019  auch die dort gelegene Dorfkneipe ihren Namen durch uns bekommen. Nun steht auf einem großen Schild an der Gaststätte in amharischen Lettern „Trompeten-Kaffee“. Das veranlasste mich, eine durch Uwe Dassler aus Choren gesponserte alte Trompete mitzunehmen, um sie dem Gastwirt Adisso als Deko für das Schild zu schenken. Mit einem Ständchen auf dieser Trompete konnten wir dazu eine kleine aber fröhliche Zeremonie gestalten mit anschließender Einladung in der Gaststätte. Ob Adisso die Trompete wirklich am Schild anbringt oder täglich versucht, dem Instrument Töne zu entlocken, wissen wir zurzeit nicht.

Bilder für ein Hotel

Unten in Hossana nutzen wir das Hotel „Lemmo Inter-national“ zu Übernachtungen bei Ankunft oder Abreise.

Nun fiel uns, Franz Fröhlich und mir, im Oktober 2021 auf, dass die Wände des ansonsten ganz schönen Hotel-Restau-rants kahl waren wie in einer Bahnhofshalle. Damit war auch schon der Entschluss geboren, dem Hotel ein paar großformatige Wandbilder mit äthiopischen Motiven zu schenken. Dies konnten wir nun in die Tat umsetzen. Typisch äthiopische Motive hatte ich genug. Nun infor-mierten wir den Chef, um die koffergroßen (mehr ging nicht) Bilder aufzuhängen. Nägel und Hammer hatten wir dabei. Nach anfänglichem Zögern („Das kann ich doch gar nicht bezahlen“) taute er auf und wir konnten mit Freude und Staunen nun auch des 2. Chefs die Bilder an die Wände bringen. Am Ende strahlende Gesichter der Hotelbesatzung (und sicher auch mancher Gäste) und ein deutlich aufgewertetes Hotel-Restaurant.

16. Rückreise nach Addis Abeba, Materialrecherchen, Materialkauf und Instruktionen durch die Partnerkirche Mekane Yesus und Checkliste für Abiti

Die Rückreise am 7.2. nach Addis über die Westroute (Welkite, Wollisso) gestaltete sich problemlos. Kontrollstops durch in der Regel freundliche Armeeangehörige weisen allerdings auf eine gewisse gespannte innenpolitische Situation hin, die in den Unruhen im Norden mitbegründet sind.

Den Abreisetag (8.2.) nutzten wir in Addis für sechs Vorhaben:

1. Besuch der Solarfirma „Solar Development“ in Addis Abeba

Konnte unser 5 KW-Wechselrichter, für den wir Ersatzteile besorgt hatten, in der Firma „Solar Development“ repariert werden, und ließen sich solche Geräte direkt in Addis beschaffen?

Der Wechselrichter konnte noch nicht repariert werden. Mittlerweile (Februar 2022) scheint die Reparatur gelungen zu sein. Was den Import solcher Wechselrichtertechnik wie auch der Akkus nach Äthiopien betrifft, hat uns der Chef der Firma sehr offen mitgeteilt, dass durch Zusatzkosten für Transport, Zollabwicklung, andere Abgaben und Marge ein Preis entsteht, der für uns vollkommen unakzeptabel wäre. Da die Gebühren unberechenbar wechseln, kann die Firma uns auch kein verlässliches Angebot machen. Damit bleibt für uns im Falle von Lieferungen nur der Export aus Deutschland bzw. der Transport im Reisegepäck.

2. Kauf von zwei weiteren Solarplatten

Da es in Tula von der Verschaltung her günstiger ist, nicht 30, sondern 32 Platten auf dem Dach zu haben, kauften wir noch zwei weitere PV-Platten im Geschäft „Universal Electric“ im Bereich Piazza.

3. Kosten- und Verfügbarkeitsrecherche „Dieselaggregate“

Auf dem Piazza in Addis konnten wir rasch in entspr. Läden Dieselaggregate mit einer Leistung von ca. 2,6-3 KW ausmachen. Die Kosten lagen knapp unter 1000 Euro/ Stck. Dies könnte zur nächsten Aktion aktuell werden, da die Kirche im benachbarten Amba-Village nahe Tula für ihre Kirche ein Aggregat erbittet. Diesem Wunsch wollen wir deshalb nachkommen, da vor wenigen Jahren durch ein Übersetzungs-Missverständnis die Elektrifizierung des Dorfes angedacht war, dann aber verworfen werden musste, da das Amba-Village nicht, wie erst vermittelt, zu Tula gehört, sondern ein separates Nachbardorf ist. Die Enttäuschung dort war 2019 groß.

4. Instruktionen durch die Kirche Mekane Yesus

Der früher für uns zuständige und sehr rege Koordinator in Hossana  mit Namen Ashenafi war in den vergangenen zwei Jahren in die Abteilung nach Addis Abeba gewechselt und konnte uns daselbst noch einmal kurz treffen und instruieren. Er rät uns, unbedingt das Finanzsystem in Tula auf festere Füße zu stellen. Die Techniker sollten einen Fixgehalt bekommen und es müssen Rücklagen möglich sein. Im Grunde sind dies auch unsere Anliegen, die er dennoch mit den Verantwortlichen der Kirche in Hossana noch einmal deutlich kommunizieren will.

Leider wird Ashenafi durch seine Kirche in die Schweiz entsandt.

5. Checkliste für Revisionsfahrten durch Abiti

Mit Abiti erstellten wir eine Checkliste, die er bei regelmäßigen Revisionsfahrten nach Tula als Richt-linie versteht. Geplant ist, dass Abiti als Verbindungsmann alle vier bis 8 Wochen nach Tula fährt, um dort nach dem Rechten zu sehen, die Techniker nach Problemen bzw. dem Stand der Dinge zu befragen oder auch Ratschläge mitzuteilen.

6. Gemeinsames Dankeschön-Essen mit allen Mitwirkenden

Auch das gehört dazu: Ein Dankeschön-Essen  mit denen, die unsere Aktion  in Addis Abeba vorbereitet und damit zum Gelingen wesentlich mit beigetragen haben.

Kurz vor Mitternacht ging dann planmäßig der Flug ab nach Frankfurt. Kurz vor Mittag kamen wir dann am 9.2.2022 wieder dankbar und erfüllt zu Hause an.

17. Gesamtkosten der Projektfahrt

Die unmittelbaren Kosten dieser Projektfahrt betrugen 10.385,00 Euro.

Darin inbegriffen waren alle Kosten für Materialbesorgungen, Flug, Transporte, Dienstleistungen, Maschineneinsatz, Nebenkosten und Übernachtungen. Die Flugkosten allerdings werden durch die Teilnehmer dem Verein gespendet.

Alle sonst noch mit dem LKW von Hossana nach Tula transportierten Materialien und Komponenten (vgl. Kap. 6) wurden bereits 2019/20 nach Äthiopien verschifft und bezahlt.

Wir sind sehr dankbar, dass durch regelmäßig eingegangene Spenden diese Aktion auch finanziell auf sicheren Füßen stand.

18. Perspektive

Um die Elektrifizierung Tulas in absehbarer Zeit abschließen zu können, muss  das neue Elektrohaus noch komplett montiert werden: Aufbringung sämtlicher Solarplatten auf zwei Dächer, Installation noch fehlender PV-Regler und eines Wechselrichters incl. aller Verkabelung und Anschluss an das Dorfnetz. Dieses wird – hoffentlich – zum Großteil jetzt in unserer Abwesenheit durch die Techniker verlegt und kann dann per Hausanschlüsse durch die Techniker vervollständigt werden. Dann wird sich zeigen, ob unser bereits in Tula deponiertes Kabelmaterial und alle Installationskomponenten ausreichend vorhanden sind. Dazu soll im Januar/ Februar 2023 eine Montagefahrt durchgeführt werden.

Sind alle z. Z. solargestützten zwei E-Zentralen in Volllast funktionsfähig, soll die im Moment wegen fehlenden Reglers stillgelegte Windkraftanlage wieder in Betrieb gehen, um den Nachstrombedarf  mit decken zu helfen.

Wir sind sehr dankbar, dass diese Reise trotz rel. kleiner Besetzung hocheffektiv verlaufen und mit dem, was wir uns vorgenommen hatten, auch ans Ziel gekommen ist. Danke allen, die sichtbar und im Hintergrund mitgewirkt haben!

gez. Dr. J. Hahn, April 2022
Vors. „Windenergie Äthiopien e. V.“

Fotos: Uwe Anke, Jochen Hahn

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