Projektfahrt Januar 2018

Windenergie für Tula/ Äthiopien 15. – 29.1.2018

Mitreisende (v. l. n. re.):

hintere Reihe v. l. n. r.:

  • Uli Kretzschmar, Kulturmenager aus Dresden  (20.-28. 1.);
  • (Übersetzer Liranso Salomon, Ingenieur aus Hossaina);
  • Hans-Jürgen Graf, Zerspaner i. R. aus Starbach (15. 1. – 4. 2.);
  • Martin Menzel, Kraftfahrer aus Bodenbach (halb verdeckt, (15. 1. – 4. 2.);
  • Jochen Hahn, Pfarrer aus Rüsseina (15. 1. – 4. 2.);
  • Franz Fröhlich, Entwicklungsingenieur aus Dresden  (15. – 28. 1.);

vordere Reihe v. l. n. r.:

  • Jürgen Mummert, Dipl.-Ing. f. Medientechnik aus Dresden (20. 1. – 4. 2.);
  • Werner Hofmann, Tischler i. R. aus Cossebaude (15. 1. – 4. 2.);
  • Holger Reinhardt-Weik, Diplomlandwirt aus Rüsseina (20. – 29. 1.);
  • Lutz Mummert, Wasser-/Heizungsinastallateurmeister aus Klessig (20.-28. 1.).

Inhalt

  1. Projektvorlauf 2017
  2. Ziel der Projektreise 2018
  3. Eine Pfarrhausküche wird zum Umschlagplatz für Elektromaterial und Fischkonserven
  4. Bezahlt und nicht lieferbar – gutes Ende nach Materialbeschaffungsproblemen
  5. Kontakt zur Kirche Mekane Yesus (Entwicklungshilfeabteilung DASSC)
  6. Fahrt in den Süden, Besorgungen in Hossaina
  7. Was wir in Tula vorfanden – Zustand der Anlage
  8. Dorfbelange in der öffentlichen Diskussion
  9. Projektarbeit in Tula
    9. 1. Erweiterung der Solaranlage
    9. 2. Verlegen einer neuen Hauptkabelstrecke
    9. 3. Wartungsarbeiten am Windrad
  10. Problemstellungen
    10. 1. Kurzschlussgefährdung durch Kabelbündelung
    10. 2. Rätsel im Leitungs-Sicherungskonzept
    10. 3. Begrenzte Haltbarkeit der Strommasten
  11. Messdaten, Energieaufkommen, Energieverbrauch
  12. Unser Leben im Camp
    12. 1. Zelten, Kochen, gutes Bier und abendliche Kaffeerunden in der Wohnhütte
    12. 2. Sanitärluxus: Dusche und Toilette
    12. 3. Atemberaubender Nachthimmel und erquickende Stille
    12. 4. Kinder, Kinder …
    12. 5. Fotoschau und deutsche Choräle
  13. Perspektiven für Tula
    13. 1. Fertigstellung der Anlage im Hauptdorf
    13. 2. Eine kompakte Energiezentrale für das „Amba-Village“ (Unterdorf ) von Tula
    13. 3. Pläne für 2019
  14. Einen herzlichen Dank für alle Hilfe vor Ort
  15. Kosten der Projektaktion Januar 2018
  16. Spenden willkommen

1. Projektvorlauf 2017

(vgl. Projektberichte Januar 2017 und Juni 2017)

Auf Grund eines Blitzeinschlages 2016 waren wir genötigt, im Januar 2017 eine Schadensaufnahme zu machen und mit Hilfe eines Hilfswechselrichters die Anlage erst einmal wieder zum Laufen zu bringen. Dies war uns auch gelungen (vgl. Bericht Januar 2017). Nun stellte sich bei einer Kurzinspektion unseres Vereins-mitgliedes Holger Schneidereit im April 2017 heraus, dass der Hilfswechselrichter wiederum defekt war. Der Grund lag vermutlich in einer partiellen Kurzschluss-Situation in der Hauptleitung ganz am Ende (Nähe Mekane Yesus Kirche), die später durch die drei Dorf-Techniker behoben wurde (vgl. dazu Abschnitt 10. 1.). Da es für das Dorf ausgesprochen misslich wäre, bis zur nächsten Montage-Reise im Januar 2018 ohne Strom dazustehen, hatten wir uns im Juni entschlossen, wieder einen robusten Standartwechselrichter einzubauen und das defekte Originalgerät nach Möglichkeit als Ersatzgerät zu reparieren. Ersteres konnten wir erledigen, letzteres misslang auf Grund einer defekten Steuerplatine, die wir nicht zur Verfügung hatten. So war die Anlage im Juni 2017 dennoch wieder funktionstüchtig. Auf Grund der relativ hohen Anzahl bereits angeschlossener Hütten und Objekte (112 Wohnhütten, 2 Kirchen, Schule, Dorfverwaltung) hatte sich herausgestellt, dass die einkommende Energiemenge für einen weiteren Netzausbau nicht ausreicht (vgl. hier die Messungen und Berechnungen im Projektbericht 2016 unter 3. 7. „Energiekapazität und Strombedarf“ sowie in diesem Bericht unter 11. „Messdaten, Energieaufkommen, Energieverbrauch“).

2. Ziel der Projektreise Januar 2018

Das Ziel war klar: Bereits 2016 war in der Dorfgemeinschaft sehr nachdrücklich erbeten worden, dass eine etwas entlegene Dorfregion einen Anschluss bekommen sollte. Dies hatten wir damals zugesagt, verbunden mit dem Plan, aus Kapazitätsgründen eine zweite Solareinheit zu installieren. Dazu war im Januar 2017 unter unserer Anleitung direkt neben unserem Elektrohaus ein Solardach errichtet worden (7,50 x 4,90 m). So lagen zwei Hauptaufgaben an:

  1. Installation der neuen Solareinheit incl. Regeltechnik im E-Haus.
  2. Verlegung eines neuen Hauptstranges bis zum entlegenen Dorfteil.
  3. Anschluss von ca. 35 Hütten vom neuen Hauptstrang aus.
  4. Teilaustausch des zu schwach dimensionierten Hauptstranges Richtung Mekane Yesus-Kirche gegen ein stärkeres Kabel (Schluss-Stück der Leitung; diese war 2016 in Eigenregie der Dorf-Techniker installiert worden).
  5. Durchsicht des Windrades und Kontrolle des Windladereglers.
  6. Im Elektrohaus mussten auf Grund der Solaraufstockung Sicherungen und Akku-Zuführungskabel verstärkt werden.

Wir waren uns von vornherein im Klaren, die Aufgaben (besonders 3. und 4.) nicht vollständig erfüllen zu können. Dies können wir getrost den Dorftechnikern überlassen, die diese Aufgaben nun schon routinemäßig erledigen können. Insofern stand die Zielsetzung unter keinem zu hohen Druck.

3. Eine Pfarrhausküche wird zum Umschlagplatz für Elektromaterial und Fischkonserven

Bevor es in Rüsseina losging, war Warenumschlag angesagt. Meine Küche im Pfarrhaus Rüsseina verwandelt sich dann einige Tage zum Warenumschlagplatz. Pakete von LED-Lampen, Steckdosen, Schaltern, Kabelbindern, Sicherungen, zwei größere Laderegler … sowie Fisch- und Fleischkon-serven, Würste, Käse u. a. überlebenswichtige Dinge mussten auf die Koffer so verteilt werden, dass jeder Mitfahrer nicht über zwei Koffer á 23 kg kommt (dieses Freigepäck ist für alle Fluglinien nach Afrika üblich – Gott sei Dank!).

4. Bezahlt und nicht lieferbar – gutes Ende nach Materialbeschaffungsproblemen

Seit Oktober 2017 waren wir mit einem Solar- und Kabelhändler im Gespräch. „Alles kein Problem“, sagte man uns. „Alles lieferbar“. Dann das Angebot für die Solarplatten: 17 Wochen Lieferzeit (Import aus Europa). Das ging gar nicht. Dabei wussten wir, dass es in Addis ausreichend PV-Platten gab. Hier wollte offenbar ein Händler gutes Geld verdienen. So mussten wir bei einem anderen Händler anfragen. „Alles o. k. 12x 250 Watt-Module“ sind lieferbar. Bezahlung möglichst cash. Also wurde wie üblich im Voraus bezahlt (Geldtransfer privat). Die Rechnung ging o. k.

Beim Kabelkauf ganz ähnlich. 3000 m 1x16² Kupfer isoliert – kein Problem. Über Privatpersonen wurden über 6.000 Euro nach Addis gebracht. Bekannte in Addis zahlten an. Bei diesen Transfers war durchaus Vertrauen gefragt.

Nun schien dem Kauf – wenn  wir nach Addis kommen - nichts mehr im Wege zu stehen. Dafür hatten wir ein bis zwei Tage eingeplant. Länger durfte es nicht dauern, da wegen des Timkat-Festes (das groß gefeierte Epiphanias-Fest mit riesigen Umzügen) dann tagelang alles in der Stadt ruhte.

Wir kamen am 15. 1. 2018 abends ohne Zollprobleme nach Addis. Beim Solarhändler hieß es am Folgetag: „Die Platten sind leider nicht lieferbar. Kleinere (200 Watt) sind allerdings verfügbar.“ Beim Kabelhändler hieß es: „Es tut uns sehr Leid. Die Firma in Addis hat kein Kupfer. Vielleicht in einer Woche“.

Uns war klar: Wir brauchen als erstes die PV-Platten - unbedingt. Sonst sind wir in Tula arbeitslos. Also umdisponieren: 16 x200 Watt ginge auch. Nur dass nun der Verlege-Plan auf dem Dach ganz anders erfolgen musste. Also wurden 16 Stck. 200-Watt-Platten gekauft. Alles ging überraschend gut klar. Neben unserem Jeep wurde zusätzlich ein Pickup gemietet, der uns Solarplatten und Gepäck nach Hossaina und Tula bringen sollte.

Das Kabel brauchten wir spätestens eine Woche später, wenn die Nachfolgegruppe ankommt. Hier konnten wir nur das Beste hoffen. Nach meinen Erfah-rungen in Äthiopien erschien mir die Kabellieferung unrealistisch zu sein. Danke unseren Helfern Melat und Josef in Addis, die sich weiter um die Kabel kümmerten und erreichten, dass sich alles noch zum Guten fügte. Nachdem die Nachfolgegruppe am Montag, den 22. 1. nach Tula kam, wurden uns die Kabel am Dienstag, den 23. 1. tatsächlich direkt nach Tula geliefert.

5. Kontakt zur Kirche Mekane Yesus (Entwicklungshilfeabteilung DASSC)

Bereits bei den Vorplanungen für die Projektarbeit in Tula war uns klar, dass wir dazu im Lande einen Partner brauchen, den wir in der evangelischen Kirche „Mekane Yesus“ fanden. Diese Kirche hat in Äthiopien mehrere Millionen Mitglieder und unterhält eine eigene Entwicklungshilfeabteilung. Sie ist staatlicherseits als Hilfsorganisation anerkannt und kann dadurch zollbefreiend wirken. Bereits 2011 konnten wir mit dieser Kirche einen offiziellen Partnerschaftsvertrag abschließen. Obwohl die Hauptansprechpartner für uns in der Synode Hossaina verankert sind (Projektleiter Ato Ashenafi), pflegen wir auch den Kontakt zur Zentrale in Addis Abeba. Zu diesem Zwecke statteten wir dort einen kurzen Besuch ab, um über alle Vorhaben ausführlich zu informieren. Für die Mekane Yesus Kirche hat unser Projekt eine relativ große Bedeutung, da es das Thema „Klimawandel/ Alternativprojekte im ländlichen Raum“ sehr konkret umsetzt.

6. Fahrt in den Süden, Besorgungen in Hossaina

Am Mittwoch, den 17. 1., war es endlich soweit: Die Solarplatten wurden verladen samt Gepäck. Nun ging es mit Jeep und Pickup nach Hossaina. Auf Grund der schlechten Straßensituation (trotz Neubau durch China vor wenigen Jahren) benötigten wir nun – mit Pause – 6 ½ Stunden für 230 km – alles nach dem Motto: „Zeitdauer ist nichts – Ankommen ist alles“. Abge-sehen von den unberechenbaren tiefen Schlaglöchern sind es Esel, Ziegen, Schafe und Kühe, die in aller Seelenruhe die Straße bewandern, was oft zu sehr deutlichen Bremsmanövern führt.

Bereits am Abend konnten wir im Hotel „Lemma“ (empfehlenswert) mit unserem sehr aktiven Mekane-Yesus-Projektleiter Ashenafi und unserem altbewährten Übersetzer Liranso Pläne schmieden für die nächsten Tage.
Am Donnerstag, den 18. 1. fuhren Jeep und Pickup nach Tula. Die Teilgruppe (Werner, Martin, Franz) sollte dort bereits mit dem Aufbau der Infrastruktur (Zelte, Toilette, Küchenaus-rüstung) beginnen. Ich selber ging mit Hans-Jürgen Graf mit dem Jeep von Mekane Yesus in Hossaina auf Einkaufstour:

Dachlatten, Bretter, Nahrungs-mittel, Getränke u. a. wichtigen Dinge zum Überleben standen auf der Liste. Am Nachmittag dann erfolgte der „Aufstieg“ in das etwa 500 m höher gelegene Tula (3000 m ü.M.). So konnten bereits an diesem Tag – bis auf die Montage der „Kaltdusche“ an einem Baum - sämtliche Zelte aufgebaut, die Toilette eröffnet (das Häuschen wird jeweils nach der Abreise verschlossen) und die „Küche“ durch unseren Koch Werner in Betrieb genom-men werden.

7. Was wir in Tula vorfanden – Zustandsbeschreibung

Jede Ankunft in Tula ist mit Sorgen verbunden: Was wird uns erwarten? Gibt es Schäden, von denen wir nichts wissen? Der erste Blick also: Steht das Windrad noch? Liegt Strom an? Beides war der Fall. Also Entwarnung. Im Folgenden ein kurzer Zustandsbericht:

a) Elektrohaus:

Was uns auffiel: das Elektrohaus war sauber. Der sonst sehr staubige Fußboden (z. T. Beton, z. T. Lehm) war nun mit einer großen Kunst-stoffplane belegt. Das Dieselaggregat funktioniert. Motorenöl war aufgefüllt. Die Werkzeuge am Werktisch waren ohne Verlust auf dem Stand von 2017. Die zwei Solarladeregler von Victron arbeiten einwandfrei, ebenso der Hauptwechselrichter von Victron. Der Batterieladezustand war eher knapp. Dies war zu erwarten, da bereits seit dem Zubau 2016 die Kapazitätsgrenze überschritten war. Die Techniker lösten das Problem in Absprache mit dem Dorf so, dass sie tagsüber den Strom wegnahmen, damit möglichst die ganze Nacht hindurch Energie vorhanden ist. So waren am Morgen immer noch deutliche Energiereserven in den Batterien vor-handen.

b) Windenergieanlage:

Was wir von außen sehen konnten, so war die Windkraftanlage in Ordnung. Der Rotor läuft ausgesprochen rund und ruhig. Ein sich später ergebendes Drehkranzproblem konnten wir vorerst nicht ausmachen. Ein Problem ergab sich in der Windladereglung. Diese hatte einen Defekt, wobei dadurch das Windrad aus Sicherheitsgründen automatisch zum Stillstand gebracht wird. Hierdurch ergab sich für uns Reparaturbedarf (vgl. Abschnitt 9. 3.).

c) Zustand der Kabeltrassen

Im Großen und Ganzen sind die Kabel in einem passablen Zustand. Hin und wieder haben sich Schutzmantel-stücke an den Mastaufhängungen verschoben. Auch einzelne zu schräg stehende Masten konnten wir ausma-chen. Zudem kommt es vor, dass die Kabel durch Baumbewuchs hindurchgehen, was zu unberechenbaren Kabelzugspannungen führen kann. Hier gibt es Nachholbedarf in der Leitungswartung.

d) Finanzielle Situation in der Dorfstromkasse (derzeitigen Kurs 1 Euro = 33 Birr)

Jeder der 112 bisher angeschlossenen Haushalte zahlt monatlich 20,- Birr Stromgebühr (das waren 2017 0,80 Euro, 2018 sind es nur noch 0,60 Euro) + 5 Birr zur Bezahlung des E-Haus-Wächters, der im kleinen Anbau der Hütte sein Bett hat. Da die drei Techniker ihren monatlichen Lohn (je 700 Birr = z. Z. 21 Euro) und der Wächter 500 Birr (= 15,00 Euro) erhalten, zudem Diesel und Motorenöl in der Regenzeit besorgt werden muss, waren in der Stromkasse nur ca. 1.000 Birr. Dies ist für eine Rücklagenbildung deutlich zu wenig. Im Moment decken sich Einnahmen und Ausgaben. Hier können wir hoffen, dass durch den Anschluss weiterer ca. 40 Hütten eine höhere Rücklage gebildet werden kann. Im kommenden Jahr müsste darüber hinaus überlegt werden, ob der Strombeitrag um 5 Birr erhöht werden sollte (auch hinsichtlich des geplanten regelmäßigen Besuches eines beratenden Elektrikers aus Hossaina).

8. Dorfbelange in der öffentlichen Diskussion

Es gehört zu unserer grundsätzlichen Vorge-hensweise, alle Belange mit den Dorfverant-wortlichen zu kommunizieren. So wurde auch in diesem Jahr eine öffentliche Dorfversammlung abgehalten. Dies geschieht wahrlich öffentlich, einmal auf dem Windradhügel, dann einmal wieder auf der großen Fußballwiese direkt am Elektrohaus oder – wie in diesem Jahr – in ei-nem Grundstück unweit unserer Anlage. Frauen kommen in solchen Runden nicht vor – bis auf Almaz, unsere junge Dorftechnikerin. Wir hat-ten bei der Wahl für die Ausbildung von drei Technikern die Teilnahme einer Frau zur Be-dingung gemacht. Nun ist ihre Anwesenheit ein immer noch seltenes, aber schönes Zeichen  für die Anerkennung der Frau in dieser traditionell männerdominierten Gesellschaft.

In der Versammlung wurden Anliegen konkret formuliert:

a) Die Dorfbevölkerung äußert ihren Dank, dass wir für sie einen großen Fortschritt bewirkt haben. Wir bedanken uns, dass die Dorfbevölkerung sich sehr aktiv an der Errichtung der Strommasten beteiligt. Dies haben wir in einem anderen Teil Äthiopiens so nicht erlebt.

b) Bange Frage der Dorfleute: „Seid ihr das letzte Mal hier?“ (Wir hatten zu verstehen gegeben, dass wir 2018 versuchen würden, einen vorläufigen Abschluss der Energieversorgung hinzubekommen).
Wir gaben zu verstehen, dass wir das Dorf auch weiterhin begleiten werden und die Anlage warten helfen. Große Erleichterung auf Seiten der Dorfleute!

c) Wie viele Hütten können mit der vorhandenen Anlage noch angeschlossen werden? Das Dorf hat mit Unterdorf insgesamt 230 Hütten.
Wir legten dar, dass wir auf Grund der Solarerweiterung im Hauptdorf insgesamt 150 Hütten anschließen können und wir diese Begrenzung  auch von vornherein so mitgeteilt hatten. Zudem brachten wir die Idee ins Spiel, im entfernten Unterdorf („Amba-Village“) in den nächsten Jahren eine separate Energieversorgung zu installieren. Damit wären insgesamt 200 Familien mit Energie versorgt. Mit dieser Perspektive waren die Dorfältesten sehr zufrieden.

d) Ist die sehr begrenzte Energiemenge pro Hütte ein Problem? – so fragen wir. Antwort der Dorfältesten: Es so o. k. - Erleichterung auf unserer Seite - wohl wissend, dass die Tendenz des Verbrauches steigend sein dürfte. Dennoch staunen wir, wie genügsam die Dorfbevölkerung geblieben ist. Wir erklären erneut, dass dieses Projekt eine große Bedeutung hat als wohl erste Referenzanlage in Äthiopien für die partielle Elektri-fizierung abgelegener ländlicher Regionen. Dabei müssen auch Erfahrungen gesammelt werden. Es kann zu Problemen kommen, für die wir eine Lösung suchen müssen.

e) Es soll ein Fachmann für unsere drei Dorftechniker tätig werden, der monatlich einmal nach Tula kommt, um nach dem Rechten zu schauen (Befkadu aus Hossaina). Hier werden die Dorfältesten überlegen, was er für einen Lohn bekommen soll. Dieser darf freilich nicht so hoch sein, dass die Einnahmen der neu angeschlossenen Hütten „aufgefressen“ werden (vgl. unter 7. „Finanzielle Situation in der Dorfstromkasse“).

9. Projektarbeit in Tula

9.1. Erweiterung der Solaranlage

Mit 112 angeschlossenen Hütten, zwei Kirchen, Schule und Dorfverwaltung war die Kapazitäts-grenze der Anlage überschritten. Hier konnte nur die Erweiterung der Solaranlage Abhilfe schaf-fen. Mit einem Zubau um 3,2 KWp konnte die Gesamtanlage auf 6,2 KWp verdoppelt werden. Mehr geht auf Grund der begrenzten Akku-Ladeströme (jetzt max. ca. 240 A bei 24 VDC Systemspannung bei 1.800 Ah Gel) nicht.
Da wir in Addis aus bereits geschilderten Grün-den 16x 200 Watt- statt 12x250 Watt-Panele gekauft hatten, musste das Belegungskonzept verändert werden. Das war auf Grund der Dachgröße ohne weiteres möglich. Da wir in Addis keinen Metallrahmen beschaffen konnten, haben wir die Platten in zwei getrennten Solarfeldern auf einen Holzrahmen aufgeschraubt, den wir rel. unproblematisch auf das Wellblechdach zimmern konnten. Nur mussten per Handy Haltewinkel und Schrauben in Deutschland nachgeordert werden, die unsere Nachfolge-gruppe in letzter Minute vor ihrem Abflug noch besorgen konnten.

Im Elektrohaus wurden zwei neue Laderegler installiert und der Lade-Logarithmus auf die bereits vorhandenen Regler abgestimmt. Zudem mussten wir auf Grund der erhöhten Maximalladeströme die Akku-Hauptsicherung auf  250 A erhöhen und alle Akkuzuleitungskabel verstärken.

9.2. Verlegen einer neuen Hauptkabelstrecke (Karte: jeder gelbe Punkt eine angeschlossene Hütte 1/2018)

Bereits 2016 war der Plan gereift, in einen bisher nicht bedachten Dorfteil Strom zu legen. Es ist ein kleines Siedlungsgebiet rund um einen weit langgezogenen zweiteiligen Rasen-Platz im Nordwesten Tulas. Im Luftbild gleicht der Platz (mit einiger Phantasie) einem Trompetentrichter mit Mundstück, was diesem Dorfteil durch uns die Bezeichnung „Trompete“ einbrachte. Die kleine Eckkneipe dort hatte damit auch gleich ihren neuen Namen: „Zur Trompete“.

Offen war die Frage: Wie erreichen wir die „Trompete“ am besten? 2016 meinten wir, dass dies am leichtesten vom Hauptkabel Nähe Schule durch ein Tal zu legen ginge. Eine Exkursion in diesem Jahr zeigte schnell, dass das Tal eher eine unwegsame Schlucht ist und auf der Strecke kaum ein Haus anzuschließen war. So-mit entschlossen wir uns kurzerhand zu einer ganz anderen Lösung. Wir verlängerten die bereits bestehende Leitung etwa ab zweiter Kirche in einem großen Halbbogen und erreich-ten den Dorfteil „von hinten“. Der Vorteil:  Viele Hütten können vom Hauptkabel aus gleich auf kurzem Wege angeschlossen werden. Auf Grund der Gesamtlänge von ca. 1,3 km  mussten die ersten ca. 700 m durch ein stärkeres Kabel (6² durch 16²) ersetzt werden. Das dabei frei werdende dünnere Kabel ist dann für Hausgruppenanschlüsse weiter nutzbar.

In zwei Stunden war die Strecke mit dem Bürgermeister abgeschritten, wobei sofort die Maststandorte mar-kiert wurden. Meist waren die Löcher sofort nach unserem Abrücken gegraben und die Eukalyptusbäume gefällt. 25 Masten wurden in 25 m-Abstand neu gesetzt. Gegen die Bodenfeuchtigkeit  wurden sie mit einer Bitumen-Masse gestrichen und mit Steinen eingestampft. Danach wurde das Doppelkabel verlegt (isolierte Einzelphasen mittels Montageband getrennt aufgehängt).

9.3. Wartungsarbeiten am Windrad

Am Windrad selber war auf dem ersten Blick kein Problem zu erkennen. Allerdings war der Laderegler im Elektrohaus ausgefallen. Das Windrad wird in solch einer Situation automatisch zum Stillstand gebracht. Durch das Austauschen kleiner elektronischer Elemente konnte der Laderegler wieder zum Laufen gebracht werden. Hier werden wir noch etwas an Entwick-lungsarbeit investieren müssen, um die Dauerbelastbarkeit des an sich genial konstruierten Reglers (H. Schneidereit, Meißen) zu erhöhen. Was das Windrad selber anlangt, so läuft es wunderbar rund. Dennoch wollten wir es umlegen, um die Mechanik in Augenschein zu nehmen. Hier erwies sich die Durchsicht als dringend nötig, stellte sich doch ein Problem im Drehkranz heraus: Vermutlich durch hohe Staubbelastung war die Kugellagerbahn stark verschlissen, so dass es zu einem sehr hohen Spiel und zu großen Reibungsverlusten geführt hatte. Aus Sicherheitsgründen haben wir mittels Metallbolzen (man hat ja mittlerweile so eine ganze Menge Spezial-Material vorrätig) den Drehkranz fixiert. Die Ausrichtung in die Hauptwindrichtung (Ost-Nordost) ermöglicht aber weiterhin den Betrieb in den windreichen Nachtstunden. Hier werden wir auf ein stabileres Lagermaterial zurückgreifen müssen.

Die Windenergieanlage soll vorerst nur bei tatsächlichem Energiebedarf zum Einsatz kommen. Dies wird ver-mutlich sehr bald mit dem Zubau weiterer Wohnhütten nötig sein.

10. Problemstellungen

In unseren Berichten wollen wir über alles informieren, über das, was gut gelingt, aber auch in aller Offenheit über das, was sich problematisch gestaltet. Immer wieder stellen sich uns auch Probleme in den Weg, die wir lösen müssen. Abgesehen von den bereits geschilderten Problemen am Windrad müssen wir folgende Sach-verhalte im Blick haben:

10.1. Kurzschlussgefährdung durch Kabelbündelung

Bisher haben wir starke (isolierte) Hauptkabel oben am Mast getrennt links und rechts mittels Aufhängung verlegt. Dies ist auch in Ordnung. Die dünneren (ebenfalls isolierten) Zuleitungskabel zu Hüttengruppen und Hütten wurden in den vergangen drei Jahren am Mast einseitig gebündelt aufgehängt. Dies hatte 2017 auf Grund von Reibungen zu einem Teilkurzschluss geführt. Die Dorftechniker konnten das Problem ausfindig machen und beheben. Dennoch werden wir in Zukunft alle Kabel generell getrennt aufhängen und die bereits bestehenden Installationen demgemäß verändern. Die Dorftechniker sind in dieser Hinsicht bereits angewie-sen, damit eigenständig zu beginnen.

10.2. Rätsel im Leitungs-Sicherungskonzept

Wir haben von vornherein ein klares abgestuftes Sicherungskonzept verfolgt. Dabei spielt die Überlast hin-sichtlich der sehr kleinen elektrischen Leistungen in den Hütten nur eine untergeordnete  Rolle. Es geht vor allem darum, dass im Kurzschlussfall jeweils gezielt Sicherungen ansprechen, die möglichst nahe am Verbrau-cher liegen. Damit ist die Problemregion schnell eingegrenzt und andere Regionen bleiben im Dorf ungestört. Zudem wird verhindert, dass im Kurzschlussfall gleich die Hauptsicherung im Elektrohaus anspricht und das gesamte Dorf abschaltet würde, es sei denn, der Kurzschluss liegt in der dicken Hauptachse (was aber sehr un-wahrscheinlich ist).

Im Elektrohaus gibt es eine Hauptsicherung für den Dorfausgang (20 A, selektive Sicherung mit 2 Sek. verzögerter Auslösung; max. Momentan-Gesamtleistung ca. 4,6 KW; Maximalleistung des Wechselrichters: 5 KW). An Hauptkabelabzweigen wurde 10 A-Sicherungen installiert. Jeder Hausgruppenabzweig ist mit einer 6-A-Sicherung abgesichert. In der Hütte gibt es eine sehr kleine Haussicherung von nur 300-500 mA. Diese spricht sofort an, wenn in der Hütte ein Kurzschluss auftritt bzw. eine unerlaubte Überlast angeschlossen wird. Letzteres funktioniert gut.

Nun zum Problem: Nach Fertigstellung der neuen Halbringleitung (ca. 1,3 km, 16² Kupfer) machten wir am Ende des Kabels einen Kurzschlusstest, um das Ansprechen der Hauptkabelabzweigsicherung (10 A) zu testen. Diese sprach nicht an, obwohl am anderen Ende im Elektrohaus der Wechselrichter nach ca. 4 Sek. Kurz-schluss-Situation auf Überlast ging und vorher mehr als 5 KW geleistet haben musste (über 20 A!). Das ist ganz unlogisch, mussten doch an der 10 A-Sicherung (ca. in der Mitte der insgesamt 2,3 km langen Strecke) dann auch mindestens 20 A geflossen sein. Zur Zeit können wir dieses Problem noch nicht erklären. Wir werden 2019 grundsätzlich Kurzschlusstests vornehmen und ggf. die Sicherungsgrößen herabsetzen.

10.3. Begrenzte Haltbarkeit der Strommasten

Wir waren bisher davon ausgegangen, dass das Eukalyptus-Holz auch im Boden sehr haltbar ist. Es ist im Trockenzustand unglaub-lich hartfasrig und zäh. Es zeigt sich aber, dass die Bodenfeuch-tigkeit in der Regenzeit sowie Kleintiere das Holz in Bodennähe in wenigen Jahren vermorschen lässt. Die Stämme selber bleiben in der Zone über dem Boden viel länger haltbar. Das obere Mast-Ende haben wir bereits mit Alufolie abgedeckt. Stämme, die in einem Steinpaket im Boden verankert sind, halten in der Regel auch länger. Dennoch müssen wir uns grundlegend eine Lösung überlegen, die haltbarer ist, auch wenn der Tausch eines Mastes schnell vonstattengeht. In Einzelfällen könnte das Unterlassen einer Masterneuerung die Kabelführung gefährden.

Zwei Lösungen bieten sich für uns an:

a) Die Verwendung von Pinienholz. Diese Bäume wachsen in Tula, wenn auch nicht so häufig. Sie sollen bis 15 Jahre halten.

b) Die Herstellung eines einfachen 1,5 m langen Betonelementes, das in den Boden eingegraben wird und mit dem Mast über dem Boden verschraubt werden kann. Die Fertigung dieser Elemente könnte mit einfachen Holzformen in Tula erfolgen (Betonguss mit Metallbewährung). Diese Betonelemente müssten im Voraus gegossen werden und bei Neuverlegungen bzw. sukzessive beim Wechseln von Altmasten Verwendung finden. Denkbar wäre auch die Verwendung von z. B. U-Trägermaterial aus Eisen. Dies wäre aber ein erheblicher Kostenfaktor, da Metall nur schwer und zu einem hohen Preis zu beschaffen ist.

11. Messdaten, Energieaufkommen, Energieverbrauch

Spannend ist immer, wie viel Energie das Dorf wirklich benötigt. Auf Grund von baubedingten Teilabschal-tungen im Dorf war eine Energiemessung nur begrenzt möglich. Bei dem z. Z. bestehenden 112 Hausan-schlüssen lag die Momentan-Abnahme abends ca. 20.00 Uhr in der Hauptverbrauchszeit bei 1,4 KW. Früh 7.00 Uhr lag sie bei 0,8 KW. Der Tagesgesamtverbrauch liegt z. Z. im Durchschnitt bei 13…14 KWh. Durch die Verdopplung der Solarleistung waren die Akkus bei guter Sonne bereits nach Mittag gefüllt und die Solar- und Windleistung wird vorzeitig heruntergeregelt. Interessant ist, dass das Stromeinkommen immer ca. 30% höher liegt als der Dorfgesamtverbrauch. Hier schlagen Lade- und Umwandlungsverluste erheblich zu Buche. Interessant ist auch, dass die Solaranlage selbst bei (hellem) bedecktem Himmel noch einiges an Energie einbringt. Bereits mit Sonnenaufgang beginnt die Einspeisung. Offenbar lenkt die dünne Staubschicht auf den Platten das sehr flach auftreffende Licht in die Platten um. Der maximale Solarertrag lag (bei 6,2 KWp Solarleistung) an einem Tag bei 20,7 KWh, wobei durch gefüllte Akkus manches an Energie vorzeitig „weggeregelt“ wurde.

Die Windkraftanlage bringt in einer windigen Nacht ca. 6 KWh ein.

Wir gehen davon aus, dass die Anlage ca. 150 Hütten mit Energie beliefern kann. Dann wird „Ausbaustopp“ verhängt.

12. Unser Leben im Camp

12.1. Zelten, Kochen, gutes Bier und abendliche Kaffeerunden in der Wohnhütte

Das wird von der Dorfbevölkerung sehr geschätzt, dass wir abends nicht in die Stadt abtauchen, um dort bequem im Hotel zu übernachten. Wir schlagen unsere Zelte in einem kleinen Bauerngehöft auf und leben unter durchaus bescheidenen Verhältnissen bei den Menschen im Dorf. Für uns hat es den Vorteil, dass wir viel Anfahrtszeit sparen und die Anlage vor Ort im Blick haben. Zudem hat die Verbindung zur Familie dort etwas sehr Persönliches, was uns etwas sehr Wichtiges ist.
Wovon leben wir? Ehrlich gesagt fällt es uns schwer, das zu essen, wovon die Familie sich ernährt: Es sind meist geröstete Getreidekörner (Kolo), roher oder gebackener Brei aus der Falschen Banane (Kotcho) und dunkles und manchmal gewürztes Weizen(!)brot, manchmal auch Linsenbrei. Besonders das selbstge-backene Brot ist recht lecker. Kotcho allerdings gehört für uns nicht gerade „zur Nummer 1“. Die Menschen in Tula essen nur sehr selten Fleisch. Es gibt in Tula keinen einzigen fettleibigen Menschen…

Wir selber bringen uns dann doch noch etwas „Handfestes“  zu Essen aus Deutschland mit: Fleisch-Konserven, Gulasch, Nudeln, Salami, festen Käse, Fischbüchsen, Marmelade, Scho-kolade … Dies wird kombiniert mit einheimi-schen Kartoffeln, Möhren, Tomaten, Bananen, Zwiebeln, Kraut, Eiern und Knoblauch. Werner Hofmann, unser Koch, konnte täglich daraus wunderbare Gerichte zaubern.

Worauf wird gekocht? Sehr bewährt haben sich die landestypischen Keramik-Kocher für Holzkohle, von denen wir zwei in Betrieb haben. Preis pro Kocher auf dem Markt in Hossaina: 70,00 Birr = 2,20 Euro.

Gutes Bier gibt es in Hossaina genug (und zur Not sogar in Tula). Und der Ouzo und Gin sind ebenfalls hervorragend – selbstverständlich nur aus rein medizinischen Gründen.

Täglich bekommt unser Fahrer Shiferaw eine Einkaufsliste, mit der er in der Stadt – er übernachtet da – die Dinge besorgt.

Abends dann, um 20.00 Uhr, werden wir regelmäßig in die Wohnhütte unserer Familie zu Kaffee und Brot oder Kolo eingeladen. Wir alle sitzen mit den Familienmitgliedern um das flackernde Feuer in der Mitte der großräumigen Wohnhütte. Sie hat keinen Abzug. Alles an Decke und Wänden wird schwarz – auch unsere Kabel und Klemmdosen. Hinter uns schnaufen und rascheln die Tiere, Pferde, Kühe, Ochsen, Schafe, Hühner … Es ist eine einmalige Stimmung. Selbst die eine Glühbirne – „unser Licht“ - stört dabei nicht, da wir ganz bewusst aus Deutschland Warmlichtlampen mitgebracht haben. In Äthiopien gibt es nur Kaltlicht. In die Zelte geht es dann nach einer kleinen Verdauungsschnapsrunde relativ zeitig (21.00 Uhr). Seit 19.00 Uhr ist es dunkel. Was will man da noch bewerkstelligen außer etwas lesen, telefonieren oder eben gleich schlafen, wenn es die Isomatte ermöglicht.

Apropos telefonieren: Dies funktioniert in Äthiopien jetzt recht gut, in Tula nur ab und an. Mit deutschem Netz wird es in die Heimat ein teures Vergnügen. Mit äthiopischer SIM-Karte geht es deutlich günstiger (ca. 40 Euro-cent/Min.). Voraussetzung ist seit Herbst 2017: Man benötigt ein Handy, das beim äthiopi-schen Staat registriert ist.

Erstaunlicherweise funktioniert mein deutsches Handy problem-los. Es wurde im vergangenen Jahr bereits erfasst … und besitzt eine äthiopische Registrier-Nummer.

12.2. Sanitärluxus: Dusche und Toilette

Dies haben wir uns gegönnt: eine Toilette seit 2015, gebaut aus einer aufgerichteten Transportkiste mit richtiger Klobrille und einer „Halbtür“. Ob dieser seltene Ort besetzt ist sieht man, wenn Schuhe und Kopf herausluken.

Eine Kaltdusche bauen wir jedes Mal wieder auf. Sie besteht aus einem Wasserfass mit Duschkopf, an einem Baum befestigt. Der dreiseitig geschlossene „Duschvorhang“ ermöglicht neugierigen Kindern (und Frauen?) immerhin noch kleine Einblicke in die Hygienegewohnheiten der „Ferentschis“, wie man hier die Weißen nennt. Aufgefüllt wird die Dusche aufwendig mit Leiter und Wasserkanister. Vielleicht kann hier einmal eine kleine elektrische Pumpe die Arbeit erleichtern?

12.3. Atemberaubender Nachthimmel und erquickende Stille

Der klare Nachthimmel ist atemberaubend. Mehrfach wurde ich damit in Zeiten der Schlaflosigkeit entschä-digt. Am nächtlichen Morgenhimmel steht das Kreuz des Südens wie hingemalt. Die Sterne funkeln in einer Art, dass es schon fast unwirklich scheint. Noch nach Sonnenaufgang herrscht eine erquickliche Stille, die dann nur vom Trompetenwecklied aufgelöst wird, das ich allmorgentlich vom Windradhügel über unser Camp erklingen lasse.

12.4. Kinder, Kinder …

Die Kinder sind für uns eine große Freude und vermutlich auch wir für die Kinder. Sie sind unsere ständigen Begleiter, manchmal auf die Nerven ge-hend, und doch so liebenswert. Oft packen sie einfach mit an, schieben mit Vorliebe einen Schubkarren und tragen – gleich einem Tausendfüßler – unsere Alu-Leiter. Mit wenig kann man sie glücklich machen. Ganz oben auf der Liste steht der Fußball. Wir hatten für Tula drei dabei. Es hätten ohne weiteres 10 sein können. Auch mit Luftballons konnten die Kinder glücklich gemacht werden. Bonbons und dergleichen vertei-len wir nicht, höchstens in der abendlichen Familienrunde oder am letzten Tag. Oft treffen wir kleine vier- oder fünfjährige Kinder, die ihr noch kleineres Geschwisterkind auf dem Rücken durch die Gegend tragen. Ihre Augen erzählen noch Geschichten, etwas, was man in unseren Breitengraden hier nicht mehr so oft erlebt.

12.5. Fotoschau und deutsche Choräle

Menschliche Verbindlichkeit und Projektarbeit gehören unbedingt zusammen. Ein technisches Projekt „hinsetzen“ und wieder gehen, das geht gar nicht. In vieler Hinsicht ist die menschliche Nähe eine Grundvoraussetzung für eine verlässliche Fortführung des Projektes, bei dem nicht nur der Kopf, sondern auch das Herz der Dorfleute beteiligt ist. So veranstalten wir am Ende jeder größeren Aktion eine öffentliche Dia-Show mit Bildern und Kurzfilmen der vergangenen Tage. In diesem Jahr haben wir an die Lehmwand des Elektrohauses eine „Gabi“ (ein großes weißes äthiopischer Baumwoll-tuch) geheftet und mit dem im Elektrohaus statio-nierten Beamer die Bilder gezeigt. Durch die große Zuschauermenge ging ein Jubeln, wenn sie sich selber wiedererkannten.

Der Filmabend leiteten wir ein mit einigen deutsche Kirchen- und Volkslieder, die Lutz Mummert und ich auf Posaune und Trompete musizierten. An einigen Abenden zuvor gaben wir auf diese Weise zur Freude unserer Gastfamilie kleine Abendständchen (Bild).

13. Perspektiven für Tula

13.1. Fertigstellung der Anlage im Hauptdorf

Im Januar 2018 konnten wir nun die wesentlichsten Voraussetzungen dafür schaffen, dass das Energiesystem im Hauptdorf Tula fertiggestellt werden kann und damit zu einem Ausbau-Ende kommt. Die Dorftechniker werden mit dem (noch etwas zu knapp bemessenen) Material ca. 30 Hütten zusätzlich anschließen und als nächsten Schritt das zu dünne Kabel zur Mekane Yesus Kirche ganz am Nordende des Dorfes durch den Rest des neuen 16²-Kupferkabels ersetzen. Zudem werden sie – wie im Abschnitt 10. 1. bereits geschildert, die Trennung der gebündelt verlegten Kabel vornehmen.

13.2. Eine kompakte Energiezentrale für das „Amba-Village“ (Unterdorf ) von Tula

Da im ca. 1,5…2 km entfernten Unterdorf von Tula, im „Amba-Village“ keine Energie anliegt, planen wir für die nächsten Jahre die Schaffung eines kleineren kom-pakten Solarenergiesystems. Im Unterschied zum Hauptdorf liegen die ca. 50 Hütten im Unterdorf viel dichter beieinander, was die Rea-lisierung des Vorhabens begünstigt. Gedacht ist an eine Solaranlage mit ca. 3 KWp mit ausreichend Akkuspeicher und Wechselrichter. Die Technik soll auch dort in einem extra errichteten Elektrohaus installiert werden, wobei wir die Elektronik auf das Nötigste redu-zieren wollen. Diese kleinere und kompakte Form der Energieanlage kann ein weiteres Modell für ein Inselenergiesystem für kleinere ländliche Regionen Äthiopiens darstellen.

Übrigens haben wir von unserem Elektrohaus in Tula einen traumhaft schönen ca. 2 km langen Höhenweg entdeckt, der direkt in das Unterdorf führt. Nennen wir ihn „Tula-Panorama-Weg“.

13.3. Pläne für 2019

2019 könnten wir, wenn es die politischen Verhältnisse zulassen, im Hauptdorf eine Revision der Gesamt-anlage samt Überprüfung des Sicherungskonzeptes vornehmen. Es sollten Versuche unternommen werden zum Gießen der Betonelemente für die Masten, damit ein Vorrat dieser Elemente angelegt werden kann.

Zudem müssten im Unterdorf bereits vorbereitende Arbeiten unternommen werden: Vermessung des Dorfes, Planung der Kabelführungen, Bau eines einfachen Elektrohauses mit Wellblechdach (für PV-Anlage).

Ein Problem könnte die Zufahrt zum Unterdorf darstellen. Der Weg vom Hauptdorf ab Schulplatz geht sehr steil nach unten. Mit einem Allradfahrzeug dürfte er aber zu bewältigen sein. Ggf. gibt es noch eine andere Zufahrt von unten her, die wir nur noch nicht kennen.

14. Einen herzlichen Dank für alle Hilfe vor Ort

Seit 2011 gibt es zwischen der Äthiopisch Evangelischen Kirche Mekane Yesus (Entwicklungshilfeabteilung DASSC) und unserem Verein einen Partnerschaftsvertrag. Dieser wird insbesondere vor Ort in Hossaina mit Leben erfüllt. Ganz herzlich danken wir dem jetzigen Projekt-Koordinator Ashenafi (Bild 1), der sich sehr aktiv und verlässlich um unsere Belange kümmert und uns vor Ort unterstützt, wenn Sondertransporte anstehen oder mit dem Dorf Fragen zu klären sind.

Ebenso ein herzliches Dankeschön unserem treuen Übersetzer Liranso Salomon (Bild 2). Fast täglich begleitet er uns in Tula und regelt mit Sachverstand alle konkreten Sachfragen. Ohne ihn könnten wir uns nicht verständigen, weder mit der Bevölkerung noch mit unseren drei Dorftechnikern.

Sowohl mit Ashenafi als auch mit „Liri“ besteht ein sehr herzliches Verhältnis, was unserer Arbeit viel Auftrieb verleiht.

Danke unserem Chauffeur Shiferaw (Bild 3), der uns in den vergangenen Jahren sehr verlässlich und sicher mit seinem Jeep die gesamte Fahrt begleitet und täglich als Chef-Einkäufer alles Nötige nach Tula bringt. Ohne ihn würde der Hunger in der Truppe ausbrechen. Danke auch den Freunden Melat mit Familie (Bild 4) und dem Metallspezialist Yosef (Bild 5) in Addis Abeba, die uns bei der komplizierten Versorgung der Kabel und Solarplatten sehr wirkungsvoll unterstützt haben.

15. Kosten der Projektaktion Januar 2018

Die Gesamtkosten dieser Aktion belaufen sich bei ca. 15.000 Euro. Als Hauptposten schlagen zu Buche: Solarplatten, Regeltechnik, Kabel, Installations- und Befestigungsmaterial sowie Transport- und Nebenkosten (Dienstleistungen) in Äthiopien. Flugkosten und Verpflegung werden durch die Teilnehmer getragen.

16. Spenden willkommen

Für die geplanten Vorhaben benötigen wir weiterhin Projektmittel. Allein die Materialkosten für ein kompaktes Energiesystem für das Unterdorf dürften bei 15.000 -20.000 Euro liegen. Dazu kommen Kosten für Transporte und Logistik. Über jede Spende sind wir sehr dankbar. Alle Mitfahrenden Helfer beteiligen sich selber an den Kosten (Flugkosten und Beköstigung in Äthiopien werden von den Projekthelfern privat getragen).

Danke allen Spendern und Mitwirkenden, die dieses Projekt bisher ermöglicht und begleitet haben!

gez. Dr. J. Hahn, April 2018
Vors. „Windenergie Äthiopien e. V.“

Fotos: Jürgen Mummert, Jochen Hahn

Zurück